Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, str. 315
Bitterling. Blei, ' 277
Eine dex artenreiheren Gattungen der Karpfenfamilie umfaßt die Brachſen (Abramis). Jhr Leib iſt hoch, ſeitli<h zuſammengedrü>t; der ſchief geſtellte Mund hat keine Bärtel; die Nü>enfloſſe fällt von oben nah hinten ſteil ab; die Afterfloſſe übertrifft ſie bedeutend an Länge; die Schwanzfloſſe iſt ungleihlappig und tief gabelförmig ausgeſchnitten; die Shuppen des Vorderrü>ens ſind wirtelſtändig geteilt, ſozuſagen geſcheitelt, indem die Mittellinie hier als ſ{huppenloſe Längsfurche erſcheint und jederſeits nur dur kleine Schuppen eingefaßt wird; die Unterſeite kantet ſi<h von den Bauchfloſſen bis zur Aftergrube ſcharf zu und bildet gleichzeitig eine ebenfalls ſ{<huppenloſe Hautkante. Die Schlundzähne ordnen ſih jederſeits zu fünf in einfacher Reihe; ihre Kronen ſind ſeitlich zuſammengedrü>t und ſchräg abgeſchliffen.
Als Urbild dieſer Gattung betrachtet man deren verbreitetſte und häufigſte Art, den Blei, au< Brachſen, Brachſener, Braxer Braſſer, Breſſem, Breſſen, Bräſem, Brachsmann, Scheibpleinzer, Sunnfiſch, Leſch, Kleſch 2c. genannt (Abramis brama, vetula, microlepidotus, argyreus und gehini, Cyprinus brama, latus und farenus; Abbildung S. 280), einen ſtattlihen Karpfen von 50—70 cm Länge und 4 bis 6 kg Gewicht, dur ſeinen ſtark ſeitlih zuſammengedrü>ten Leib und deſſen anſehnliche Höhe leiht kenntlih, auf Oberkopf und Rü>ken ſ{hwärzli<h, auf den Seiten gelblihweiß mit Silberglanz, an der Kehle rötlih, auf dem Bauche weiß gefärbt, ſeitli<h ſ{<warz gepunktet, mit ſ{<hwarzblauen Floſſen. Auch die Männchen dieſer Art erleiden während der Fortpflanzungszeit eine Veränderung, indem auf ihrer Hautoberfläche ebenfalls warzenförmige Gebilde hervorwachſen. Dieſe verdichteten und erhärteten Haufen von Oberhautzellen haben ſtumpf kegelförmige Geſtalt und anfangs weißlihe Färbung, die ſpäter, nahdem die Warzen erhärten, zu Bernſteingelb dunkelt. Die größten von ihnen entwieln ſich auf Schnauze und Scheitel, die kleinſten auf den Floſſenſtrahlen; außerdem finden ſich jolhe auf dem Kiemende>el und an den meiſten Schuppen des Leibes.
Ganz Mittel-, Nord- und Oſteuropa iſt die Heimat des Bleies. Südlih der Alpen wird er ebenſowenig wie ſeine Verwandten gefunden; wohl aber tritt er wieder im Gebiete der Rhone auf. Sehr häufig bewohnt er die Gewäſſer aller deutſchen Hauptſtröme, insbeſondere die mit ihnen in Verbindung ſtehenden tieferen Seen, und hier, wie ſhon Gesner wußte, ſolche Stellen, die lehmigen Boden haben; „dann ſolcher Grund wird von ihnen geliebet“. Nah Ecſtröm fängt man ihn um Schweden und Norwegen auh im Meere; doh gehört ein derartiges Vorkommen zu den Ausnahmen. Während des Sommers verweilt er in der Tiefe, namentlih zwiſchen dem ſogenannten Brachſengraſe, wühlt hier im Schlamme und trübt dadur< auf weithin das Waſſer. „Die Braſemen, ſo ihnen von den Hechten nachgejaget worden, ſ{hwimmen ſie gegen dem Grund und Lätt, bewegen den ſelbigen, und machen das Waſſer hinter ihnen trüb, daß ſie von den Hechten niht geſehen werden.“ Wahrſcheinlih geſchieht dieſes Wühlen im Schlamme der Nahrung halber, die in Würmern, Kerflarven, Waſſerpflanzen und S<hlamm ſelbſt beſteht.
Faſt immer trifft man dieſe Fiſche in ſtarken Geſellſchaften an; mit Beginn der Laichgeit, die in die Monate April bis Funi fällt, vereinigen ſich dieſe Scharen zu unzählbaren Heeren. Fn der Nähe des Ufers, an ſeiten, graſigen Stellen, erſcheinen zunäthſt mehrere Männchen und ſpäter die Weibchen. Erſtere tragen ein Hochzeitskleid und werden dann in Bayern, ihrer dornigen Auswüchſe halber, Perlbrachſen genannt. Ein Weibchen wird, laut Yarrell, gewöhnlih von 3 oder 4 Männchen verfolgt; die ganze Geſellſchaft drängt ſih aber bald ſo durcheinander, daß man zuleßt nur noh eine einzige Maſſe wahrnimmt. Das Laichen geſchieht gewöhnlich zur Nachtzeit unter weit hörbarem Geräuſche, weil die jet ſehr erregten Fiſche ſih lebhaft bewegen, mit den Schwänzen ſchlagen und