Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4
466 Achte Ordnung: Knorpelfloſſer; zwölfte Familie: Zitterrochen.
ſhnelleſten fiſ< zu ihrer Speiß und Nahrung kriegen mögen, denn was ſie berühret, alſobald entſchläfft, und müd, lahm und todt wird. Auß der Urſath liegen ſie auff dem Grund als todt, und unbeweglih: Welche fiſh ihnen alſo nahen und ſie berühren, auch ſonſt in den Wällen, Waſſern und andern Orten von ihnen berühret werden, oder ſonſt umb ſie herumb ſ{<wimmen, die werden alle entſhläffet, müd, unbeweglih und gar todt. — Und ſolche Krafft erzeigen ſie niht allein gegen die fiſhe und Thier ſo in Waſſern wohnen, ſondern auh gegen die Menſchen, welchen ſie zu zeiten in die Garn kommen, dann die Krafft ſol au< dur< die Seil und Garn an ihren Leib kommen, dermaſſen daß ſie die Angelruthen und Garn wider ihren Willen müſſen fallen laſſen, ſolches iſt den Fiſchern wohl bewuſt, und werden alſo von keinem angetaſtet, dann ſo ſie mit der Hand berührt werden, ſonderlih ſo ſie verlezet oder getru>et werden, ſo entſhläfft das Glied, bekompt von groſſer Kälte, ſo von ſolchem fiſh gehet, ein Unempfindlichkeit, und Einſchlafen. — Auch das Waſſer ſo umb ſie berühret wird, ſol gleicher weiß durch ſolhes Gifft, ſo von ihrem gangen Leib fleuſſet, ſolhes Glied verleßen und einſhläffen. — Deßgleichen ſo ſie mit einem langen Stecken, Nuthen oder Spieß von weitem berühret werden, ſo ſol auh ſol< Gifft dem Holb nah, und durch das Holz an die Hand deß Menſchen kommen. Dieſe Krafft und Gifft aber haben ſie allein wann ſie lebendig ſind, dann ſo ſie todt ſind, werden ſie ohne Gefahr von männiglichen berühret und geſſen. — Als zu zeiten in Abflieſſung des Meers einer dieſer fiſche am Ufer blieben, und ſi<h mit ſpringen gern hätte wieder in das Waſſer geworffen, von einem jungen Geſelln unbehutſam mit füſſen getretten ward, ihn an den Sprüngen zu hindern: hat er angefangen an dem Fußtritt zu ſtund gant erzittern, dann er uxſachet nit allein, ſo er angetaſtet wird, ein Entſchlaffen der Glieder, ſondern auch ein mächtig Zittern.“ Sehr erklärlih iſt, daß man in der alten, wunderſüchtigen Zeit bald darauf kam, ſo gewaltig und unerklärlih wirkende Tiere in der ſogenannten Arzneikunde zu verwerten. Dem Genuſſe des ſ{<le<ten Fleiſhes wurden die großartigſten Wirkungen zugeſchrieben, von den damaligen Ärzten überhaupt über die Heilkräfte dieſer Fiſche Dinge erzählt, die nur in den Berichten der Quakſalber unſerer Tage gleichwertige Seitenſtücke gefunden haben. Nedi war der erſte, der mit dem Zitterrohen genauere Verſuche anſtellte und die Geſeße der Wirkungen zu ergründen ſuchte; Réaumur, Bancroft, A. von Humboldt, Geoffroy Saint-Hilaire ſeßten die Beobachtungen fort und erweiterten die Erkenntnis. Aus dieſen gemeinſamen Unterſuchungen geht hervor, daß das elektriſche Organ ſih einem galvaniſchen Becherapparate oder einer elektriſchen Batterie vergleichen läßt. Die Wirkung iſt zwar bedeutend {wächer als beim Zitteraale, aber immer no< ſ{<merzhaft genug; erſt wenn der Fiſh dur<h wiederholte Schläge ſih abgemattet hat, empfindet man beim Herausziehen aus dem Waſſer nur noch ein Zittern. Die Schläge ſind am heftigſten unter Waſſer und um ſo fühlbarer, je größer die Fläche iſt, die berührt wurde. Das Tier gibt ſie ganz willkürlih und läßt ſih dur<h Reizung bewegen, viele nacheinander auszuteilen; kleinere Tiere können betäubt oder ſelbſt getötet, aber auch kräftige Männer, laut Günther, vom Schlage großer Stücke gelähmt und niedergeworfen werden, ſo daß Badende allen Grund haben, vorſichtig zu ſein. Das elektriſhe Drgan dient alſo den Zitterrochen, um Beute zu fangen oder größere Räuber von ſich abzuwehren. Auf die von genannten Naturforſchern angeſtellten Verſuche glaube ih übrigens niht eingehen zu müſſen, da faſt alles über die Wirkung einer elektriſhen Batterie bekannte auh von dieſen Fiſchen gilt und die eigentümliche Fähigkeit bereits bei Beſchreibung der Zitteraale beſprochen worden iſt. Alle bekannten Zitterrohen gebären lebendige Junge und zwar 8, 10—14 auf einmal. Die Geſchlechter begatten ſich, wie bereits die Alten wußten, wirkli, indem ſie ſih mit dem Bauchteile gegeneinander kehren, und die Eier entwi>eln ſih ſodann ziemlih gleichzeitig in den Eiergängen, die zu beiden Seiten des Unterleibes etwas gekrümmt verlaufen,
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