Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5
Ein Blick auf das Leben der Geſamtheit.
Bunte Schmetterlinge, fleißige Ameiſen, zudringlihe Fliegen, die Finſternis ſuchende Tauſendfüßer, Kunſtweberei übende Spinnen und noh viel andere Tiere aus der nächſten Verwandtſchaft der genannten, welche uns jeßt beſchäftigen follen, gehören einem Formenfreiſe an, welcher von den in den vorausgegangenen Bänden diefes Werkes betrachteten weſentli verſchieden iſt. Den allgemeinen Bauplan haben ſie zwar gemeinſam; denn die rete Körperhälfte iſt der linken ſpiegelbildlih gleih, und Bauch- und Rükenſeite ſind verſchieden; während aber bei den Säugern, Vögeln, Reptilien, Amphibien und Fiſchen ein inneres Knochen- oder Knorpelgerüſt mit einer meiſt aus Wirbeln zuſammengeſeßzten Skelettachſe die Stüßpunkte für alle na< außen ſi< anſeßenden Fleiſchteile darbietet und, durch dieſelben verhüllt, ſeine Gliederung niht zur Schau trägt, finden hier die umgekehrten Ver: hältniſſe ſtatt. Die mit der Muskulatur zu einem Hautmuskelſhlauche vereinigte Körperbede>ung bildet in ihrer äußerſten Lage einen mehr oder weniger feſten Panzer, der, um ſeinem Träger die Beweglichkeit zu ſichern, in Glieder zerfällt, welche durch dünnere Häute bewegli<h miteinander verbunden ſind. Dieſe Glieder ſind ungleihartig und treten meiſt gruppenweiſe zu Körperregionen höherer Ordnungen zuſammen; ſo entſteht bei den einen Kopf, Mittel- und Hinterleib, bei den anderen verſchmelzen die beiden erſten Abſchnitte zu einem einzigen, dem ſogenannten „Kopfbruſtſtüke“ bei wieder anderen ſeht ſih nur der Kopf von der übrigen einheitlihen Gliedergruppe ab, wel<he Mittel- und Hinterleib in ſih vereinigt. Die Grenzen gewiſſer Glieder oder Ringe (Segmente), wie man ſie au nennt, obſchon ſie in den wenigſten Fällen wirklich geſchloſſene Ringe darſtellen, ſeßen ſich als Leiſten, Zapfen und Vorſprünge verſchiedener Geſtalt in das Körperinnere fort, um hier den Muskeln und ſonſtigen Weichteilen als Anheftungspunkte zu dienen. Dieſer feſte Panzer bildet, um es kurz zu ſagen, ein „äußeres Hautſkelett“. Dasſelbe wird von einer darunter gelegenen weihen Zellenſchiht, der ſogenannten Hypodermis ausgeſchieden und beſteht aus einem Stoffe, welhen man Chitin genannt hat. Ex iſ reich an Sticiſtoff, in Waſſer, Weingeiſt, Äther, verdünnten Säuren und in konzentrierter Kalilauge unlöslih, und ſ{<milzt niht im Feuer, wie die nahe verwandte Hornſubſtanz. Wenn trobdem in der Folge von Hornteilen oder hornigen Gebilden die Rede ſein wird, ſo bezieht ſi dieſe nun einmal eingebürgerte Ausdrucksweiſe lediglich auf die feſte und harte Beſchaffenheit des Chitins, welche übrigens bei vielen Krebſen dur<h Aufnahme von Kalkjalzen no< um cin Bedeutendes erhöht wird.
Noch mehr als die Gliederung des Numpfes, welche ſi<, wenn auc in einfacherer Weiſe, bei den höheren Würmern wiederfindet, iſt für den in Rede ſtehenden Tierkreis der Beſiß gegliederter Körperanhänge von Wichtigkeit. Dieſe „Gliedmaßen“ ſind Ausſtülpungen des Hautmuskelſhlauches, treten ſtets paarweiſe an der Bauchſeite auf und
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