Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5
Oberkiefer. Unterkiefer. 9
Werkzeuge zum Bauen der Wohnungen, zum Bearbeiten des Bauſtoffes, zu der Beſchaffung des\elben, zum Ergreiſen der Nahrung, jedo< weniger der eignen als der für die Nachkommen beſtimmten.
Unterkiefer, Kinnlade (maxillae, e in Fig. 1—5 und Fig. 6—8) nennt man das zweite, gegliederte Paar, welches in der Regel weicher als das erſte iſt, ihm in anderen Fällen aber (Waſſerjungfern 2c.) an Härte nicht nachſteht und es in noch anderen darin ſogar übertrifft (Noßkäfer). Mehr oder weniger leiht laſſen ſih an jeder der beiden immer ſymmetriſchen rehten und linken Unterkieferhälften folgende Teile unterſcheiden: ein kurzes, queres Stüc, die Angel ( in Fig. 4, 7 und 8), dur welche der Kiefer an der Seite der Kehle, unter und wenig hinter dem Oberkiefer eingelenkt iſt. Die Angel geht aus der dreie>igen in die langgedehnte bis ſtabförmige Geſtalt über und iſt meiſt horniger Natur. Das nächſte Stück, der Stiel oder Stamm (g in Fig. 2—4, 6—8), lenft ſi<h unter einem (rechten) Winkel der Angel ein und bildet im allgemeinen eine hornige Platte, deren Länge 12/2 —6mal den Querdurhmeſſer übertreffen kann; bei den Bienen gleicht er einem Kamme, weil ſeine Jnnenkante mit Borſten dicht bewimpert iſt. An der Jnnenſeite des Stammes ſißen die Lappen oder Laden (h in Fig. 1—4, 6—8), deren unterer innerer Teil auh als Kauſtü> unterſchieden wird. Sind die Laden an der Spiße mit Zähnen oder Dornen bewehrt, ſo kommen ſie an Härte dem Oberkiefer gleich, anderenfalls bleiben ſie weicher und mehr häutig. Dieſer Teil wirkt auf das Futter und bereitet es zum Verſchlucken vor, bildet ſomit das Hauptglied des ganzen Kiefers, er beſteht nur aus einem Lappen (L in Fig. 1—3), wie bei manchen Käfern, den Blumenweſpen und anderen, und kann ſehr lang, aber auch ſehr kurz ſein, häufiger noh ſeßt er ſi< aber aus zwei Lappen zuſammen (h und hh), einem oberen, mehr äußeren, und einem unteren, mehr nah innen gelegenen. Dabei finden die verſchiedenartigſten Verhältniſſe ſtatt in Rückſicht auf die gegenſeitige Lage, die Geſtalt der Lappen, ihre Anheftung an den Stamm. So hängt z. BV. der untere Lappen ſeiner ganzen Länge nah an der Jnnenſeite des Stammes bei gewiſſen Käfern (Fig. 7), beide liegen nebeneinander an der Spie, wie bei den Blattweſpen (Fig. 4), der eine über dem anderen, jedoch jeder am Stamme ſißend, wie beiſpiel3weiſe die häutigen Lappen des Hirſchkäfers. Bei den Schre>en legt ſih der obere Lappen als „Helm“ (Fig. 8, h/) über den unteren. Eigentümlich geſtalten ſi< in dieſer Beziehung die Verhältniſſe bei drei großen Käferfamilien, die man früher als Fleiſchfreſſer zuſammenfaßte (Sandfkäfer, Laufkäfer, Fadenſhwimmkäſer). Hier nämlich verwandelt ſi die äußere Lade in einen zweigliederigen, fadenförmigen Körper, ganz von der Beſchaffenheit eines Taſters, welchen wir gleih kennen lernen werden (h“ in Fig. 5, 6—8). Auch die Bekleidung der Lappen iſt großem Wechſel unterworſen. Hier verwandelt ein reicher Beſaß von Borſten die ganze Jnnenſeite in eine Bürſte, den Rand in einen Kamm, dort beſchränkt ſi die Behaarung nur auf die Spitze oder fehlt gänzlich. Statt weicherer oder ſteiferer Haare finden ſich auh Zähne, bewegliche oder dur Einſchnitte in den Körper entſtandene unbewegliche Hervorragungen. Die Sandfkäfer kennzeichnet ein beweglicher Klauenzahn an der Spige der Lade (Fig. 6, n), bei den gefräßigen Schreken und räuberiſchen Libellen fommen ihrer mehrere längs der ganzen Fnnenſeite vor. Am Ende des Stammes oder nahe vor demſelben ſizt nah außen, meiſt in dem Einſchnitte, welchen er mit dem oberen Lappen macht, je ein fühlerartiger, ein- bis ſehsgliederiger Taſter (Freßſpibe), der Kiefertaſter (palpus maxillaris, i in Fig. 2—5, 6—8). Gegenſeitige Länge der Glieder, namentlih aber die Geſtalt derjelben, bedingen allerlei Unterſchiede.
Das dritte Gliedmaßenpaar endlich bildet den zweiten Unterkiefer, deſſen beide Hälſten aber verwachſen ſind und ein in der Mittellinie höchſtens eingekerbtes einfaches Stüc darſtellen, wel<hes Unterlippe (labium) heißt. Daß die Unterlippe ſo aufgefaßt werden