Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, str. 578
-
528 Stachelhäuter. Dritte und vierte Klaſſe: Seeſterne und Schlangenſterne.
Die Tiefſee birgt zahlreiche Formen von Seeſternen. Unter 1000 Faden wurden noch Vertreter von 26 Gattungen gefunden. Beſonders charakteriſtiſch ſind die Porzellanſterne (Porcellanasteridae), von denen die umſtehende Abbildung eine Vorſtellung gibt.
Bei den Seeſternen erſcheinen die Strahlen als unmittelbare Fortſäße und Zipfel der Scheibe, ſind hohl und enthalten einen Teil der Eingeweide, und wechſeln von ſolchen Formen, welche ſozuſagen nur aus den Strahlen, faſt ohne vereinigende Scheibe, beſtehen, zu ſolchen, welche reine fünſſeitige Scheiben ſind. Die meiſten Seeſterne haben nur eine Madreporenplatte. Fhre Zahl kann im äußerſten Falle auf fünf ſteigen. Für die ſyſtematiſche Begrenzung der Sippen iſt auh no< auf die An- oder Abweſenheit der kleinen Aſteröffnung im Mittelpunkte der Nückens zu achten.
Jedem Beobachter wird es ſoglei<h auffallen, daß das Ende der Strahlen eines kriehenden Seeſternes, und beſonders die gerade vorwärts gerichteten etwas aufgebogen gehalten werden. Dabei werden die Saugfüßchen der gelüfteten Spizen als Taſter ausgeſtre>t; auf die übrigen wird die Arbeit des Ziehens verteilt. Auf der Spiße eines jeden Strahles befindet ſi< aber au< ein Auge, welches man an großen Seeſternen als ein feines rotes Pünktchen wahrnimmt. Durch das Mikroſkop iſt ein Bau dieſer Organe ſichergeſtellt, welcher ſie als wirklihe Sinnes- und zwar Geſichtswerkzeuge erſcheinen läßt.
Am liebſten gehen die Seeſterne auf S<hne>en und Muſcheln. Sie legen ihre Bauchſcheibe mit den Saugfüßchen und dem Munde um die Beute, welche zwar anfänglich Deel und Schalen feſt anziehen und verſchließen, allein wohl infolge des Ausſcheidens eines betäubenden Saftes bald in ihrem Widerſtande nachlaſſen, ſo daß cine Art von häutigem Nüſſel, welchen der Seeſtern ausſtülpt, in das Weichtiergehäuſe eindringt oder es umfaßt und deſſen Jnhalt aufſaugt. Seeſterne, wie Asterias arenicola an der nordamerifaniſhen Küſte, ſind mithin die gefährlichſten Feinde der Auſternbänke. Das einzige Mittel gegen ſie iſt, ſie mit dem Dredſchneß zu fangen und dann am Lande abſterben zu laſſen. Sie in Stücke ſchneiden und wieder ins Waſſer werfen, würde nichts anderes heißen, als ſie künſtlih vermehren. Man findet niht ſelten mehrere Seeſterne um eine Muſchel geballt, und oft bin ih von dem Ärger der Fiſcher Zeuge geweſen, wenn ſie an den über Naht gelegenen Tiefangeln ſtatt -der gehofſten Dorſche und Kabeljaus die auf der Jagd nach den Ködern ſih angehakt habenden Seeſterne aufzogen. Für den Naturforſcher fällt dabei niht ſelten gute Beute ab. Das einzige Exemplar des ſeltenen À steronyx Loveni, eines Sglangenſternes, welches ih auf meiner norwegiſchen Reiſe erbeutete, bekam ih am Örxfjord von einem Fiſch-Lappen, der es no< an der langen Angelſchnur hatte.
Eine ſehr intereſſante Gruppe von Seeſternen bilden die Briſingiden, welche einen ähnlichen Bau wie die S<langenſterne zeigen, indem ſie eine runde Körperſcheibe beſißen, gegen die ſih die zahlreihen langen runden Arme ſcharf abſezen. Jedoch verläuft auf der Unterſeite dieſer Arme, wenn au< niht bis zum Munde hin, eine Furche für die Füßchen. Der Entde>er dieſer Seeſternordnung iſt der norwegi]ſhe Naturforſ<her und Dichter Peter Kirſten Asbjörnſon, der eine elfſtrahlige Art (Brisinga endecacnemos) aus dem ſeiner landſchaftlihen Reize halber berühmten Hardangerfjord aus einer Tiefe von 350 m fiſhte. Dieſes Tier hat ſehr bewegliche, bis 30 cm lange Arme und eine prächtige rote Farbe. Man kennt jeßt eine ganze Reihe von Arten dieſer und einiger verwandter Gattungen, welche ſämtlih die Tiefſee bewohnen und ſi< von allen Stachelhäutern dadur<h auszeihnen, daß ſie wundervoll leuchten.