Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6
28 Krebſe. Erſte Ordnung: Zehnfüßer; Familie: Viere>krabben.
Weg bahnen und dieſelben benagen, glaubt man in Weſtindien allgemein und wohl mit vollem Rechte. Daher hat auh der Abſcheu, den ziemli< alle Volksklaſſen gegen ſie als Speiſe äußern, einen triftigen Grund. Die gemeine Landkrabbe (Gecarcinus ruricola) wird auf allen Fnſeln Weſtindiens und an den Küſten des nahen Feſtlandes angetroffen. Einmal im Jahre verläßt ſie ihren eine bis zwei Wegſtunden von der Küſte entfernten Aufenthalt und zieht nah dem Meere. Jm Februar bemerkte man die erſten dieſer Wanderer, die zwar immer mehr an Zahl zunehmen, indeſſen jene dicht gedrängten Schaxen niemals bilden, von welchen ältere Reiſebeſhreiber ſprehen. Der Zug dauert bis in den April. Am Strande angekommen, überlaſſen ſih die Landkrabben zwar den Wogen, vermeiden aber alle Orte, wo dieſe heftig branden, und verweilen überhaupt niemals lange im Waſſer. Sie ziehen ſi< aus demſelben zurü>, ſobald die Eier, die, mit einem zähen Leim angeklebt, die Unterſeite des Hinterleibes des Weibchens zahlrei „bede>en, abgewaſchen ſind. Jm Mai und Funi treten ſie die Rü>reiſe an und ſind dann durchaus niht genießbar, denn einerſeits iſt das Muskelfleiſ<h ſehr geſ<wunden, und außerdem hat die große Leber, die bei allen Krabben und Krebſen den einzigen genießbaren Teil des Bruſtſtükes darſtellt, ihre ſonſtige Schmachaſtigkeit mit einer ſcharfen Bitterkeit vertauſht, dabei aber an Umfang außerordentlih zugenommen. Einige Wochen reichen zur Erholung hin; gegen Mitte Auguſt verbirgt ih die Landkrabbe in ciner mit totem Laube wohl ausgefütterten Höhle, verſtopft den Zugang mit vieler Vorſicht und beſteht die Häutung, die etwa einen Monat zu erfordern ſcheint. Mit rot geaderter, ſehr dünner und höchſt empfindlicher Haut überzogen, wird die Krabbe bis Anfang September in ihrem Verſte> aufgefunden und dann als feine Speiſe von vielen betrachtet. Von neuem mit feſtem Panzer bekleidet, wagt ſie ſih hervor, indeſſen mehr bei Naht als am Tage, und wird gradweiſe fetter bis Januar, wo die ſchon beſchriebenen Veränderungen wieder eintreten. Brown verſichert in ſeiner „Naturgeſchichte von Jamaica“, daß die Gutſchme>er jener Fnſel dieſe zur reten Zeit gefangene und zwe>mäßig bereitete Landkrabbe als die le>erſte aller Verwandten betrachtet haben, und daß ſie dieſe Anerkennung in Wahrheit verdiene. Die einzelnen Kiemenblätthen dieſer Krabbe werden nah den Unterſuhungen von SFohannes Müller durch beſonders harte Fortſäße auseinander gehalten, ſo daß ſie nicht zuſammenkleben, wodur< natürlih das Atmen in der Luſt problematiſh werden würde. Die Weibchen der Gelasimus haben ganz ſhwarze Scheren, bei den Männghen iſt abex eine Schere enorm entwi>elt und bedient ſich der Krebs derſelben, um den Eingang zu ſeinem Erdloche damit zuzuhalten. Während die einen bloß das flache Ufer zu ihren Spaziergängen und Jagden benugen, bekunden andere ihre Geſchiklichkeit im Klettern. So erzählt Fr. Müller, der ſeit langem in Braſilien lebende, hochverdiente Naturforſcher, von einer allerliebſten, lebhaften Krabbe dieſer Familie, die auf die Manglebüſche ſteigl und deren Vlätter benagt. Mit ihren kurzen, ungemein ſpißen Klauen, die wie Ste>nadeln pri>eln, wenn ſie einem über die Hand läuft, klettert ſie mit großer Behendigkeit die dünnſten Zweiglein hinauf. Derſelbe Forſcher hat ſehr genau die eigentümlichen Vorrihtungen ſtudiert, dur< welche es dieſen, ihrem eigentlichen Element entrüdten Tieren inöglih wird, in der Luft auszuharren. Manche können eine Portion Waſſer in ihrer Kiemenhöhle mit aufs Land nehmen. Statt daß es, aus der Kiemenhöhle ausiretend, abfließt, verbreitet ſich die austretende Waſſerwelle in einem feinen Haarnebß des Panzers
Winkerkrabbe (Gelasimus). Natürliche Größe.