Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, str. 643
582 Hohltiere. Zweiter Unterkreis: Neſſeltiere; zweite Klaſſe: Blumenpolypen.
ſchweben, wie hungrig re>t ſie der in der Farbe wechſelnde Cerianthus membranaceus (Fig. 6, 62, 8) nah allen Seiten; ſcheinbar apathiſ<h, aber niht weniger gierig läßt ſie in der Mitte unſeres Bildes die warzenreiche Cladactis Costae (Fig. 9) herabhängen.
Dieſe und noch einige andere Arten von Aktinien ſind die am beſten gedeihenden Bewohner der ſo lehrreichen Aquarien, wohin ſie ſogar aus fernen Meeren verſeßt werden können, indem ſie den Transport leichter als irgend andere Seetiere aushalten. Das Hamburger Aquarium bekam ſogar Seeroſen von der peruaniſchen Küſte; die falte Paſſage um das Kap Horn hatte man ihnen dur<h Erwärmung ihrer Gefäße erträglich gemacht. Den Transport von 1—2 Tagen vertragen unſere in der Strandzone lebenden und an zeitweilige Entblößung gewöhnten Arten übrigens am beſten, wenn man ſie in Schachteln zwiſchen etwas Lattichulve (Vlya lactuca) verpa>t. Hat man unterwegs Zeit, ſie einmal mit etwas mitgenommenem Meerwaſſer zu exfriſchen, ſo iſt man ihrer ganz ſicher.
Die äußere Schönheit und Farbenpracht, das ſtille Weſen, die blumenhafte Beſcheidenheit verbergen die äußerſte Gefräßigkeit der Aftinien. Sie würgen große Stücke Fleiſch hinab, am liebſten aber ſaugen ſie Miesmuſcheln und Auſtern aus. J<h habe oft mit Vergnügen der Fütterung im Aquarium zugeſehen, wozu ſi<h natürlih am beſten die großen Arten mit langen Fangarmen eignen. Denn als wahre Fangarme erweiſen ſich alsdann die Fühler. Die Aktinie ſitt, weil keine Berührung oder Witterung aus nächſter Nähe ſie erregt, ſtill und blumenhaft da. Aber kaum bringt der Wärter ein Stück Fleiſch, einen kleinen Fiſh oder Krebs an den Fühlerwald, als dieſe au<h {hon wie auf einen Shhlag ſi< um die Beute legen und ſi< mit ihr in den Vorraum zur Magenhöhle verſenken. Von dem ihnen gereichten Fleiſh preſſen ſie niht etwa nur den Saft aus, ſondern ſie verdauen es vollſtändig. Nur die Fettmaſſen, welhe man ihnen mit magerem Fleiſch zuſammen reihte, wurden, wie man im Aquarium beobachtete, wieder ausgeſtoßen. „Gut gefütterte Aktinien“/, ſagt Möbius, häuten ſi oft, ſicherlich deshalb, weil ſie bei reihlicher Nahrung \{hnell wa<hſen. Während der Häutung halten ſie ſi<h niedrig zuſammengezogen; dehnen ſie ſih, nachdem dieſe vollbracht iſt, wieder aus, ſo umgibt die abgeſtoßene Haut die Baſis ihres Fußes als ein lo>erer, ſ<hmußiger Gürtel.“
“Von der Fütterung der Mantelaktinie (Actinia s. A damsia palliata, Vollbild Fig. 13) durch ihren Freund und Wohnungsgeber, den Einſiedlerkrebs, haben wir früher erzählt (S. 39). Jch komme hier no<hmals darauf zurü>, weil es ein ſcheinbar unvermitteltes und deshalb ſ{hwer oder niht erklärlihes Verhältnis betrifft. Allein ſo iſoliert ſteht es niht da. Die Afktinien heften ſi< nur da an, wo die Waſſerſtrömung ihnen Fleiſchnahrung zuführt. So erhalten die zwiſchen Flut- und Ebbemarke ſißenden Arten bei jeder Flut eine neue lebendige Umgebung. Von je ſtärkerer Strömung eine felſige Küſte getroffen wird, ein Hafeneingang, ein Molo, um ſo ſicherer kann man neben anderen Tieren auh einer großen Anzahl von Aktinien gewärtig ſein. Es liegt daher nahe, daß einzelne Aktinienarten mit der Zeit die Gewohnheit angenommen haben, auf ſolchen Tieren ſih< anzuſiedeln, deren eignes Nahrungsbedürfnis ſie im bewegten Waſſer umhertreibt. Wir ſehen, daß die Einſiedlerkrebſe mit ihren Schne>enhäuſern am geeignetſten geweſen ſind, und ſo finden wir z. B. die große gelb und braun geſtreifte Actinia effoeta (Abbild. S. 583) vorzugsweiſe mit dem Pagurus striatus aſſociiert, einem der größeren Einſiedlerkrebſe des Mittelneeres, der entſprechend große Shne>enſchalen brauchte. 2—8 Exemplare dieſer Aktinie ſien oft an einem Pagurus, der ziemlih träge iſt und ſi< um ſeine Bürde gar niht bekümmert. Jn dieſem Falle iſt die Seeanemone nur dur< das Umherwandern ihres Hausherrn im Vorteil für ihre Ernährung. Man ſieht aber, wie die beſondere Stellung, welche die Mantelaktinie zum Krebſe einnimmt, nur ein Schritt weiter in der gegenſeitigen Angewöhnung iſt. Die Stellung der Mantelaktinie am Einſiedlerkrebs iſt, an ſih betrachtet,