Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, str. 677

614 Hohltiere. Zweiter Unterkreis: Neſſeltiere; zweite Klaſſe: Blumenpolypen.

Montiporéèn aber, die inkruſtierenden Arten ausgenommen, leben im ruhigen Waſſer. Die genannten Arten wachſen nun au< im ſeichten Waſſer innerhalb der Riffe. So ſind Aſträen, Mäandrinen und Pocilloporen hier niht ungewöhnli<h, verlangen aber veines Waſſer. Einzelne Madreporenarten kommen jedo<h no< im unreinen Waſſer fort, ebenſo gewiſſe Poriten; dieſe wachſen hier und da einige Zentimeter über den Strich des niedrigen Waſſers heraus, wo ſie der Sonne und dem Negen ausgeſeßt ſind. An den im unreinen Waſſer an den Küſten wachſenden Poriten macht ſi< der Einfluß von dem vom Lande abgeſhwemmten Abſaß ſo geltend, daß die Korallenſtö>e ſih nur flach ausbreiten, indem die höheren Teile dur den Abſaß getödet werden; und ganz allgemein: wo Flüſſe oder Bäche Abſatz herbeiführen, kommen Korallen nicht fort. Wir finden deshalb au<h nur wenige Polypen an ſandigen oder ſ{hlammigen Küſten. Auch in ſolhen Lagunen, welche niht hinlänglich von dem Meere aus mit friſchem Waſſer geſpeiſt und wegen ſtarker Verdunſtung zu ſalzig werden, finden ſi< keine Korallen; endli< kann Überhißung des Lagunenwaſſers zum Ausſterben der Polypen führen.

Über die unglaubliche Fülle von Lebensformen, welche ſi< auf und in den Korallentöten anſiedeln, dieſe weſentlich zerſtören, aber doh auch, ſoweit ſie harte Teile abſondern, ihr Teil zum Bau der Riffe beitragen, hat uns ſhon Hae>el erzählt. Ähnlich berichtet L. Agaſſiz nach ſeinen Unterſuchungen der Florida-Riffe: Unzählige bohrende Tiere ſiedeln ſih in den toten Teilen der Stöcke an, höhlen ſie inwendig nah allen Richtungen aus und löſen ihre feſte Verbindung mit dem Boden; auch dringen ſie bis in die die lebenden Polypen enthaltende Außenſchicht vor. Dieſe zahlloſen bohrenden Tiere gehören ſehr verſchiedenen Klaſſen an. Zu den thätigſten gehören die Meerdattel (Lithodomus), verſchiedene Stein- und Felsbohrmuſcheln (Zaxicaya, Petricola), Arhenmuſcheln (Arca) und zahlreiche Würmer, unter denen die Serpula die größte und gefährlichſte iſt, indem ſie regelmäßig dur den lebenden Teil der Stö>e vordringt, beſonders in Madreporen. Am freien unteren Teil einer Mäandrine, niht ganz */s m im Durchmeſſer, zählte Agaſſiz 50 Höhlungen der Meerdattel außer Hunderten von kleinen Wurmlöhern. Alle dieſe Zerſtörungen ſind aber nihts gegen die von den Bohrſhwänmmen veruxſahten. Wix werden dieſelben mit den übrigen Shwämmen näher kennen [ernen. Hier wollen wir aber no< Darwin hören, der in ſeinem bahnbre<henden Buche über den Bau und die Verbreitung der Korallenriffe folgendes vom Keeling- Atoll erzählt: „An der Außenſeite des Riffes muß durch die Thätigkeit der Brandung auf die herumgerollten Bruchſtücke von Korallenſubſtanz viel Niederſchlag gebildet werden; aber in den ruhigen Wäſſern der Lagunen kann dies nur in einem geringen Grade ſtattfinden. Es finden ih indeſſen hier andere und unerwartete Kräfte in Thätigkeit; große Scharen zweier Arten von Papageifiſchen, die eine die Brandung außerhalb des Riffes und die andere die Lagunen bewohnend, leben gänzlich vom Abweiden der Polypenſtö>ke. Jh öffnete mehrere dieſer Fiſche, welche ſehr zahlreih und von beträchtlicher Größe find, und fand ihre Eingeweide durch kleine Stü>e von Korallen und fein zermalmte kalkige Subſtanz ausgedehnt. Dieſe muß täglich als feinſter Niederſchlag von ihnen abgehen. Auch leben die Holothurien von lebendigen Korallen; und das eigentümliche knochenartige Gebilde innerhalb des vorderen Endes ihres Körpers ſcheint ſicherlih dieſem Zwecke gut angepaßt zu fein. Die Zahl der Arten von Holothuria und der Fndividuen, welche auf jedem dieſer Korallenriffe herumſhwärmen, iſt außerordentlich groß; und wie bekannt iſt, werden jährlich viele Schiffsladungen na< China mit Trepang verfrachtet, welches eine Art dieſer Gattung iſt. Die Menge von Korallen, welche jährlih dur dieſe Geſchöpfe und wahrſcheinli<h no< durc viele andere Arten verzehrt und zu dem feinſten Schlamme gemahlen werden, muß ungeheuer ſein. Dieſe Thatſachen ſind indeſſen von einem anderen Geſichtspunkte no< bedeutungsvoller,