Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6
662 Urtiere. Erſte Klaſſe: Jnfuforien.
Beobachtungen und Jnſtrumente, welche die ſo verſchieden geſtalteten und beſchaffenen Organismen als ziemlich gleihmäßige und niht näher beſtimmbare Körperchen erſcheinen ließen. Leeuwenhoe> ſelbſt tritt überall der Annahme einer Urzeugung entgegen und polemiſiert heftig gegen die Anhänger derſelben, namentlih gegen den bekannten Feſuiten und Polyhiſtor Athanaſius Kircher. „So wenig wie ein Elefant aus Staub hervorgehen kann“, ſagt er, „ebenſowenig können Milben ohne Fortpflanzung entſtehen.“ Auch die Anſicht, daß Eingeweidewürmer im Fnneren des Menſchen von ſelbſt entſtünden, verwirft er. „Nehmen wir einmal an“, bemerkt ex, „daß viele derartige Würmer, die eben ihrer geringen Größe wegen unſeren bloßen Augen verborgen bleiben, im Waſſer ſ{hwimmen, ſo können ſie ſehr leicht in die Eingeweide der Kinder gelangen, da ja befanntlih viele Menſchen Waſſer trinken. Aber geſeßten Falles, es tränke einer kein Waſſer, ſo könnte doh von dem Waſſer, mit dem man Trinkgeſchirre abſpült, ein Tropfen hängen bleiben, in dem re<t gut ſehr kleine Würmchen enthalten ſein könnten. Weiter gibt man Kindern im Sommer viel unabgekohte Milch zu trinken, die von den Bauern mit Waſſer verſälſ<ht wird, beſonders die Buttermil<h, und da dürfen wir uns nun freilih niht wundern, daß Würmer in die Gedärme der Menſchen und Tiere kommen.“ Ganz ähnlih ſind nun auh ſeine Anſichten über die Entſtehung der Fnfuſorien. Er nimmt an, daß ihre Keime nah dem Verdunſten des Waſſers in die Atmoſphäre geraten und von dieſer abermals ins Waſſer, in dem ſie ſi< entwi>eln. Der alte Leeuwenhoe> wax ein vorurteilsfreier Geiſt, der ſich an Thatſachen hielt, und wenn er auch kein Gelehrter war, wie ſeine Zeitgenoſſen ihm vorwarfen, ſo war er doch ein viel größerer Zoolog als ſie alle zuſammen. Auf einem ganz anderen Standpunkt befand ſi<h z. B. Buffon. Seine ſo glänzend und beredt vorgetragenen Lehren find nur verſtändlih im Zuſammenhange mit ſeiner allgemeinen Theorie über das Weſen der Naturkörper; es iſt um fo wichtiger, einiges daraus kennen zu lernen, als die jeßige Periode der Wiſſenſchaft in einigen weſentlihen Punkten ſih ihnen nähert. Er wax überzeugt, daß es eine ununterbrochene Reihe von den vollkommenſten zu den unvollkommenſten Weſen gebe. „Ein Fnſekt“, ſagt er in dieſem Sinne, „iſt weniger Tier als ein Hund, eine Auſter iſt no< weniger Tier als ein Jnſeït, eine Meerneſſel oder ein Süßwaſſerpolyp iſt es no< weniger als eine Auſter. Und da die Natux dur<h unmerklihe Abſtufungen geht, müſſen wir Weſen finden, die no< weniger Tier ſind als eine Meerneſſel oder ein Polyp. Es gibt Weſen, welche weder Tiere, noh Pflanzen, no< Mineralien ſind, und welche den einen oder den anderen anzureihen ein vergeblicher Verſuch ſein würde.“ Wenn wir dazu folgenden Ausſpruh nehmen: „Jh vermute, daß man bei genauer Betrachtung der Natur Mittelweſen entde>en würde, organiſierte Körper, welche, ohne z. B. die Kraft zu haben, ſi< fortzupflanzen, wie die Tiere und Pflanzen, doh eine Art von Leben und Bewegung zeigten; andere Weſen, welche, ohne Tiere und Pflanzen zu ſein, doh zur Zuſammenſezung beider etwas beitragen könnten; und endlih no< andere Weſen, welche nur die erſte Anſammlung dex organiſchen kleinſten Formbeſtandteilhen (molécules organiques) wären“; ſo kommen wir zu ſeinen Anſichten über das Leben, was er in den Fnfuſionen fand. Wenn nämlich in den Aufgüſſen auf Fleiſch, Gallerte von Kalbsbraten, Pflanzenſamen und dergleichen ſich bald lebende Körperchen zeigten, ſo meinte er, daß es eben die belebten kleinen Teilhen wären, aus denen Fleiſ<h und Pflanzenſtoff zuſammengeſetzt ſeien. Und ſo ſagt er denn auch, ein organiſhes Weſen zerſtören, wie es durch die Infuſion geſchieht, heiße weiter nichts, als die belebten Teilchen, aus denen es zuſammengefügt, voneinander ſondern. Der Tod war ihm ein Zerfallen in unzähliges Leben, was von neuem in den Kreislauf anderer Organismen eingehe. Buffons wärmſter Anhänger war Needham. Beider zum Teil gemeinſchaftlihe Verſuche fallen gerade in die