Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6
700 Urtiere. Zweite Klaſſe: Wurzelfüßer; vierte Ordnung: Amöben.
Kapſelweſen ein Wollen und Handeln zu beſtimmten Zwecken zuzuſchreiben. Engelmann beobachtete, daß bei den in einem Waſſertropfen unter dem Mikroſkop befindlihen Arcellen Luftbläschen im Protoplasma zum Vorſchein kamen. Dadurch wurden die Arcellen an die Oberfläche des Waſſers gehoben. Andere ſenkten \i<, indem die Gasblaſen aus dem Gehäuſe ausgeſtoßen wurden. Wie geſagt, glaubt unſer Phyſiolog darin gewollte, zwe>mäßige Vorgänge erbli>en zu dürfen, woraus auf ſeeliſche Eigenſchaften des Protoplasmas zu ſchließen ſei. Auch hier ſind wir anderer Meinung. Gegen die Thatſache, daß unter gewiſſen Umſtänden im Körper der Arcellen und ähnlicher Lebeweſen ſi<h Gasblaſen bilden und zwar ſo, daß beſtimmte Lagen des Körpers damit erreicht werden, iſt nichts zu ſagen. Aber ſchon der von Engelmann nicht überſehene Umſtand, daß niht nur in der Zwangslage unter dem Mikroſkop dieſer Vorgang ſtattfindet, ſondern auh im Freien, hätte eine weniger phantaſtiſche Erklärung veranlaſſen müſſen. Wir haben an die Thätigkeit der kontraktilen Blaſen der Fnfuſorien anzuknüpfen, deren Abhängigkeit vom Sauerſtoff nachgewieſen iſt. Auch die Gasblaſen der Arcellen ſind ſicher von rein <hemiſchen Prozeſſen abhängig. An bewußte oder unbewußte Seelenregungen dürfen wir dabei niht denken.
Bei anderen Formen, wie z. B. bei der Euglypha alyeolata iſt die Chale fſadförmig, ihr freier Rand erſcheint geza>t und ihre Oberfläche von ovalen Täfelchen, deren Ränder ſih gegenſeitig überſchneiden, zierli<h und regelmäßig bede>t. Die Protoplasmafortſäße, welche bei dieſer
Junge Arcelle (Arcella vulgaris). a) Stü der Gn ES DeL Szalenöfſnung E ſind nicht
S Hal G00 malbbetaroert wie bei Arcella furz, lappig und einfa<, ſon-
dern ziemlih lang, zart und meiſt am Ende ge-
gabelt. Gruber, der ſi<h um die Unterſuhung der Amöben beſonders verdient gemacht
hat, hat auch die ſehr merkwürdigen Teilungsvorgänge von Euglypha alyeolata und die Vorgänge bei Bildung ihrer Schale beobachtet.
Bei kräftigen Jndividuen dieſer Amöbe ſieht man in der hinteren Hälfte des Protoplasmaleibes in der Nähe des Kerns eigentümliche, ſtark lihtbrehende fonvex-konkave Körperchen von ovaler Geſtalt liegen. Ein ſolhes Fndividuum iſt bereit zur Teilung. Dieſelbe beginnt damit, daß anſtatt der feinen Pſeudopodien eine derbe, abgerundete Protoplasmamaſſe aus der Schalenöffnung heraustritt. Sobald das geſchehen iſt, ſeßen ſih auch jene uhrglasförmigen Plättchen nah vorn in Bewegung, dringen nah außen und legen ſi<h auf die Oberſeite des vorher ausgetretenen Protoplasmalappens und zwar derart, daß ſi je eins zwiſchen die Za>ken der Schalenöffnung einfügen. So kommt eine erſte Plättchenreihe zu ſtande, in der die Plättchen ſih mit ihren ſeitlihen Rändern dachziegelartig überſchneiden. Jmmer mehr ſolcher Gebilde treten heraus und innerhalb einer oder anderthalb Stunden ſind alle in der urjprünglihen Euglypha vorhanden geweſenen (etwa 80) wie die Schuppen eines Tannenzapfens auf der Oberfläche der immer ſtärker austretenden Protopla8mamaſſe angeordnet. Jett dehnt ſich dieſe aus und die Plättchen bilden in regelmäßig alternierenden Reihen eine zweite Schale, welche mit den Za>en des Randes ihrer Öffnung in die der Schale des urſprünglichen Fndividuums eingreift. Jett teilt ſich au< der Kern der Mutter-Euglyphe und wandert in das Protoplasma der Tochter-Euglyphe hinüber. Dann lo>ert ſich die Verbindung zwiſchen Mutter und Kind, die erſtere entſendet zwiſchen den vereinigten Rändern Pſeudopodien nah außen und endlich erfolgt eine völlige Trennung.