Charakterologie

242 Die Charafterlehre der Individualpjychologie

und Geltungstrieb die härtejten Anforderungen ftellt. Und jo wurde nun die Sormel „Individuum und Gemeinjhaft” neben der anderen (Mut und Entmutigung) zur wichtigjten in der ji) allmählich auf das ganze Charakterleben des Menjchen ausbreitenden individualpfychologijchen Lehre. Es fand fich das plajtiihe Bild des „direkten Angriffs” als „Kampf ander Stontdes Lebens” gegenüber dem Sieg im Indireften, der „Sluht in die Etappe“.

So jehen wir die interejjante Entwidlung einer Lehre aus gejchlojjener Mecdhanijtif der Seele zu einer Tendenz, die ihre jtärfite Seite überhaupt nicht mehr in einer „objeftiven” Sehre hat, fondern in einem fraftvollen Appellan den Menjchen. Wir haben in der heutigen Sorm der Individualpjychologie in der Tat diejenige Charafterlehre vor uns, die am allerttärfiten alle objektiven Kräfte des Charatters als „Möglichkeiten“ darjtellt, als „Dermögen“. An die Stelle des So-oder-jo-Seins tritt das Können. Und damit bricht die Individualpfychologie am entjchiedenjten von allen Charaiterlehren mit dem Modell einer gejchlojfenen Mecdaniftit. Das jchließt ein, daß die Individualpjychologie am meiiten das Dynamijhe des Charafterlebens unterjtreiht und damit auch das Ethiiche, die „Sollensforderung“, am weitejten in die objektive neutrale Bejchreibung vortreibt. In der Individualpjychologie it ein Punkt charafterlicher Sorjhung erreicht, an weldhem jede Seititellung zugleidy Aufforderung ift, indem alles Objettive als ein Können und damit als ein Sollen dargejtellt wird. Aus der Sormel: „Du bijt jo oder jo“ wird die Sormel „Du jollit jo jein, denn Du Tannit fo jein!” Dies „Können“ aber wird nicht wieder von einem primären „Sein“ abhängig gejett. Dielmehr ijt das Sosoder-jo-Sein die Solge des Einjaßes unjeres Wollens. In diejer Eigenart der Individualpjychologie liegt eine äußerjt wichtige Wendung. Charakter ijt danadı nicht mehr in der Seinsfategorie zu fajjen, jondern in der des Wollens, Könnens, Sollens.

d) Die Künfeljhe Dariante der Individualpjychologie.t)

Die Sorderung, ji den wirklihen Lebensaufgaben gegenüberzuitellen, hat näher gejehen einen doppelten negativen Gegenjag. Man fann dem Lebenstampf ausweichen, 1. indem man den Kampf indirekt führt (Hujterie

1) Nadjjtehend die wichtigiten Werfe von Srit Küntel, zunädjt die jehr verbreiteten erjten Schriften: Die Arbeit am Charatter. 2. Bearbtg., 19. (!) Aufl. Schwerin 1954. Jugendcharafterfunde. Theorie u. Praris des Erwachjenwerdens. 2. Bearbtg., 10. Aufl. Schwerin 1932. Die Grundbegriffe der Individualpjychologie.