Charakterologie

252 Die Erblehre des Charakters

I. Die Erblehre des Charakters,

Die Erblehre des Charakters arbeitet in engitem Kontaft mit der förperlichen Erblehre, die fich wieder auf erbbiologijche Arbeiten an Tieren und Pflanzen jtüßt. Die hervorragende Rolle vererbter Anomalien und Krane heiten bezieht außerdem die Medizin aufs engjte ein. So entiteht eine jo breite Bajis, daß es hier nicht möglich ift, einen rein harafterlichen Teil herauszujhälen und die Inhalte der charatterlichen Erbforichung zu refetieren. Wir begnügen uns damit, das Grundproblem zu zeigen und von da die Brüde zu den allgemeinen Grundfragen der gejamten Charaiterlehrte zu jchlagen.

Den neu an die Erblehre Herantretenden interejjiert vor allem die Stage, was vererbt wird. md insbejondere, „ob es jehr vielift“, und ob es von der Art ijt, daß der „Sreiheit” des Individuums ltarfe Grenzen gejett werden, ja, daß jie vielleicht als eine Illufion erjcheint. Gewohnt, von der Beobadıtung des Einzellebens auszugehen, fieht er plößli einen Gejichtspunft geöffnet, der das Individuum als nur einen Teil einer langen Genetationenreihe anjieht, woraus von jelbjt eine ganz bejtimmte Reihenfolge von Stagen erwädjit. — Den Ausgang bildet das vorwiljenjchaftliche Gefühl grenzenlojer Steiheit zu uns jelbjt, und jede Theje der Erblehre, ja jchon allein der auf die Generationen erweiterte Gejihtspunft jcheint nun Stüd für Stüd diefe Überzeugung abzubauen.

Methodijch ijt es aber qut, gerade den umgefehrten Weg zu gehen, das heißt: mit der Tatjache anzufangen, da wir fontinuierlih aus unjeren Dorfahren herauswachjen, zugejpist formuliert, dak wir Dater und Mutter ind. Indem wir dann von diejem Ausgang her die Modififationen betrachten, zu denen uns die erbwijjenihaftlihen Tatjachen zwingen, zeigt ji} unjere Eigenheit und Befonderheit, zeigt jich auch die Steiheitsfrage in einem weit flareren Licht, als wenn wir beim Individuum einjegen und dann Stüd für Stüd den Anteil der „Erbmajje” an jeinem Wacdjen bejtimmen wollen.

Nicht erjt aus der Erbwiljenichaft, jondern aus der allgemeiniten Naturlehre wijjen wir folgendes über die Entitehung eines neuen Menfchen: Bei der Zeugung vereinigt fi) die väterliche Samenzelle mit der mütterlihen Eizelle. Dieje dadurch neue entjtehende Lebenseinheit beginnt ihr Leben im Mutterleib und verläßt ihn bei der Geburt. Dermeidet man möglichjt jede unnötige Aufteilung der Lebenseinheit in eine jelbjtändige Seele für fi und einen Körper für ji, jo haben wir aljo im Zeugungs=