Charakterologie

Karl Jafpers: „Pjychologie der Weltanfchauungen“ 49

Welt. Dielen ijt die Ausprägung ihres Wejens in diejer Richtung ganz unwejentlich. Etwas zugejpist ausgedrüdt: Es ijt eine Typologie eines ganz bejtimmten Menjchentyps, nämlich eben des „weltanjchaulichen“. Sür Millionen Menjchen erlangen 3. B. die Grenzjituationen (Kampf, Tod, Zufall, Schuld) feine ihren Charatter wejentlich bejtimmende Sorm. Das heißt: der Gegenja von „allgemein“ und „jpeziell“ findet in der charakterlihen Situation nidyt die gleihe Anwendung wie in der objeftiven, die tatjächlic) allgemein ift. Darum muß aud) dieje Arbeit für die Charafterologie zu den jpeziellen rechnen.

Binzu fommt eine weitere Spezialijierung: Jajpers bleibt jtreng in der einen Schicht des Sinnes. Er will etwas verjtehbar machen, indem er dejlen „Sinn“ aufdedt. Nun Tann man Sinn jehr weit fajjen. Jajpers aber geht auf den rational faßbaren, auf den vom Bemwußtjein einjehbaren, von uns erlebbaren Sinn aus. Das ijt ein jehr enger Begriff von Sinn. Der Sinn vieler charafterlicher Phänomene braudjt nicht der zu fein, der uns rational einjichtig ijt. Ein Beijpiel: Das Mut-Erlebnis läßt fic unter dem Sinn begreifen, die Surcht zu bannen. Mut braucht aber durdy= aus niht |hon Mut=Erlebnis zu fein. Der primäre Mut vielmehr ift nur auf jeinen biologijhen Sinn zu befragen. Er darf nicht als etwas Sefundäres aufgefaßt werden, das jeinen Sinn erjt dadurd befommt, daß es etwas Negatives ausgleicht. Man jollte überhaupt nie den Sinn pojitiver Charaftereigenjchaften darin juchen, Resaftions-Sormen auf etwas primär Hegatives darzujtellen. Der Mut bringt das Leben vielmehr erjt dahin, wo Wagnis und Gefahr (und damit eventuell Surht) auftauchen. Im Anfang ijt immer der attive Impuls. Er bringt uns erit in die „Grenzlituationen“. Die Grenzjituationen würden gar nicht erjcheinen, wenn nicht der allerallgemeinite attive Impuls „leben und fich behaupten wollen“ voranginge. (Dies muß aud) gegen die modernen philojophiichen DerJude gejagt werden, Pojitives aus Negativem erflären zu wollen, wie 3. B. Heidegger alles aus Angjt und Sorge ableitet.) — Ebenjo ijt es mit dem Religiöjen. Die „teligiöfe” Derzweiflung, die Jajpers als Grundlage der verjchiedenen religiöfen Einjtellungen anjegen möchte, jett jelbit die pojitive Religiojität voraus — und wird dann zweitens wieder von ihr überwunden.

Genauer gejehen, jhildert Jajpers auf dieje Weije nämlich überhaupt nur „Resaftions-Typen“. Er beginnt jeweils mit der Schilderung der objeftiven Situation, in die wir wohlgemerkt nur durch eine aftive Einftellung hineinfommen fönnen. Und dann erit jeßt feine pfychologijche Betrachtung

ein. Infolgedejjen erjcheint dann die pfychologiiche Re=- an als PriHelmwig, Eharalterologie