Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

der Liebe ist der reine Ausdruck der religiösen Seligkeit, in der jede Tragik des absoluten Schmerzes überwunden ist.

Im Leidmotiv kommt noch einmal mit aller Schärfe Eckharts Abkehr von der scholastischen Theologie zum Ausdruck. Bei der Erörterung des Korrelationsproblems ergab sich die fundamentale Neuerung, daß Eckhart die Mittlerstellung Christi zwischen Gott und Mensch beseitigte und das Ich selbst als den eingeborenen Sohn Gottes bestimmte. Es ist nur eine Folge daraus, wenn Eckhart nunmehr die Erlösung von aller Sünde nicht durch das stellvertretende Leiden Christi geschehen läßt, sondern durch unser eigenes Leid, denn das Leid, das wir erdulden, reinigt uns, und in der Einheit mit Gott haben wir alle Sünde überwunden”). Es kommt zwar in der Predigt 57 der Gedanke des stellvertretenden Leidens vor, aber doch mit der Abschwächung, daß das Leiden Christi für uns nur ein Vorbild sei, das uns stärken soll, unser Leid ebenso zu tragen: „wan der guote ritter klaget siner wunden niht. so er den künig an siht, der mit ime durch in verwundet ist. Er biutet uns ein trance daz er vor getrunken hat. Er enbiutet uns niht, er habe ez & vorgetän oder geliten. Dar umb sol uns niht unbillih dunken, ob er uns sceliden verhenget hat wan er vorgelitten hat . .“ (Pf. 184, 12 )”®).

VI. Der historische Christus.

Aus dem bisher Erörterten leuchtet ein, daß die kirhlich korrekte Christologie bei Eckhart keinen Raum mehr hat. Die historische Gestalt Christi verblaßt zu einem bloßen Vorbild. Das Wesen Christi als des Gottessohnes wird seiner historischen Einmaligkeit entkleidet und in seiner „logischen“ Urgesetzlichkeit als das Wesen des Ich in seiner Stellung als polares Korrelationsglied zu Gott bestimmt. Die wichtigen Tatsachen der kirchlichen Christologie: die wunderbare Geburt, die Menschwerdung, seinen Leidenstod deutet Eckhart nicht nur durch die fundamentale Neuorientierung seiner Theologie indirekt um. sondern er spricht seine neue logisch-funktionale Auffassung gegenüber der traditionell ontologischen ausdrücklich aus. Indem er an die traditionelle Lehre von der geistlichen Geburt Christi in Maria als einer notwendigen Vorstufe seiner leiblichen Geburt

70, Pf. 104: 558, 22 ff, 339, 6.

75) Zum Problem des Leides cf.

Pf. 7: 41,18—42, 15; 8: 44,34, 45, 20—35; 9: 52,20 ff: 47: 159, 12257: 182,9: 65: 203,28 ff: 69: 221,58; 82: 262,11, 263, 59; 96: 511,3: 104: 337, 25— 540, 7.

BgTr. 3:08:510,3225:513,3. 32,25: 34,8; 34, 57; 56,6 ff: 3

: 45,6: 16,7; 17,9ff,22; 29,52; 51,21: 8,7; 39,5, 26 ff.

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