Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation
Die Begründung einer idealistischen Theologie in den späteren Schriften
Grundlegung: Die Logik Meister Eckharts
I. Die Bedeutung des Begriffs Existenz und die Einzigkeit und Totalität der Bedeutung eines Begriffs.
Bevor wir zur Darstellung von Echarts theologischen Eigenlehren seiner späteren Schriften gehen, müssen wir einen Umkreis von Fragen betrachten, den er selbst als für das Verständnis seiner Schriften von entscheidender Wichtigkeit bezeichnet. Es handelt sid dabei sowohl um seine Logik im engeren Sinn, um seine Logik des Begriffs, als auch auf ihrer Grundlage um seine Logik im weiteren, im Sinn der Dialektik"), um eine Anzahl von Grundsätzen, die das technische Gerüst für seine gesamte Lehre darstellen. Sie dürften als ein Teil dessen gelten, was er als die propositiones mille et amplius seines opus propositionum bezeichnet (Den. 553, 19). Diese propositiones generales sind von dialektischer Weite. Sie repräsentieren das, was er als Grundgesetzlichkeit aller Wissenschaftlihkeit überhaupt verstanden hat. Ihrer Formulierung nach sind sie durchaus kein originales Gut Ec&harts; er entnimmt sie alle der Tradition und seiner wissenschaftlichen Umwelt: wohl aber in ihrem Sinn, ihrer Anwendung und in ihren Konsequenzen. Sehr bedeutsam ist es ferner, soweit sich das aus den wenigen uns überlieferten Sätzen erkennen läßt, daß die Vielfalt ihrer Formulierung auf einen einzigen Sinngehalt sich reduziert. Dieser ist der die Denkungsart revolutionierende Gedanke: Die Gegenstände werden existent dadurch, daß sie erkannt werden, daß die bloße Mannigfaltigkeit zur Einheit verknüpft wird in der „Seele“, d. i. im logos. Der Begriff „Existenz“ ist also nicht im Sinne eines Daseins, sondern in dem der logischen Bestimmtheit zu verstehen. Das Sein der Dinge ist das Sein in der Wahrheit; an sich sind die Dinge ein
15) cf, A. Görland, Prologik, Dialektik des kritischen Idealismus. Berlin 1950.
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