Der Jakobiner in Wien : oesterreichische Memoiren aus dem letzten Dezennium des achtzehnten Jahrhunderts

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rath, der Grund - oder Vorſtadtrichter und ein Auskultant vom Magiſtrate ſißen ſollten. - Hier fanden ſi<h nun die ſtreitenden Perſonen ein, jedoh ohne Advokaten. Der Magiſtratsrath vernahm beide Theile, ſuchte jedem ſein Recht und Unrecht begreiflich zu machen und ſe mit einander zu vergleichen; doh ſtand es jeder Partei frei, wenn ſie mit dem gefällten Spruche unzufrieden war, den gewöhnlichen Weg Rechtens bei dem Magiſtrate dur<h einen förmlichen Prozeß einzuſchlagen. Durch dieſe Verfügung wurden die gerichtlichen Streitſachen in der Hauptſtadt ſehr vermindert, ſo daß ein Magiſtratsrath allein in einem Jahre, wie er dies ſelbſt ausſagte, viertauſend und einige zwanzig Klagen zu ſchlichten bekam, von denen nur zwei in einen förmlichen Prozeß übergingen , zehn durch richterlichen Ausſpruch entſchieden, die übrigen alle aber in Güte verglichen wurden. Ohne dieſe zwe>mäßige Anſtalt alſo würden, gering gerechnet, das Jahr hindur<h an zwanzigtauſend Prozeſſe mehr geführt und die armen Leute im gleich geſteigerten Verhältniſſe durch manche habſüchtige Rechtsfreunde , oder, wie man ſie beſſer nennen ſollte, Rechtsfeinde, um ihr ge-