Der Jakobiner in Wien : oesterreichische Memoiren aus dem letzten Dezennium des achtzehnten Jahrhunderts

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feine Hinterliſt, keine Falſchheit. Man ſchägßte ihn jener Eigenſchaften wegen um #o mehr, als man ſie bei ſeinem Vater vermißt hatte. So geneigt Leopold war, Alles zu verſprechen und wenig oder nichts zu halten, ſo behutſam war Franz mit ſeinen Zuſagen. Er verſprach nie etwas unbedingt, ja er {lug ſogar öfter gleich ab, was man von ihm forderte, aber in einem ſo gütigen, theilnehmenden Tone, daß ihn ſelbſt diejenigen, welche fruchtlos baten, mit einem Herzen voll Liebe verließen, und Alle dieſes offenen Betragens wegen ihn ſ{äßten , ihm vertrauten.

Daß ſich ungeachtet dieſer guten Eigenſchaften die Zuneigung des Volkes zu Franz bald verminderte, war die Schuld derjenigen, die ihn leiteten; ihnen ſ{hrieb man es auh zu, daß er noch weniger als ſein Vater in die Fußſtapfen Joſeph

“des Zweiten trat.

Die Erziehung, welche Franz 17. genoß, \{läferte ſeine Anlagen, die ohnedies nicht die vorzüglichſten waren, noch meÿr eín, anſtatt ſie zu we>en. Graf Colloredo, nachmaliger Kabinetsund Konferenzminiſter, ein Mann von den beſhränkteſten Geiſtesfähigkeiten,- ſchr arm an Kennt-