Der Jakobiner in Wien : oesterreichische Memoiren aus dem letzten Dezennium des achtzehnten Jahrhunderts

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Joſeph ſtarb, noh ehe der Aufſaß vollendet war, übergab ihn der Verfaſſer dem Kaiſer Leopold. Der Monarch las ihn, verſicherte den Verfaſſer ſeines Beifalls und ſagte: „Bringen Sie dieſen Aufſa meinem Sohne. Sagen Sie ihm nur, daß ih Sie damit ſende. Er ſoll ſeine Meinung darüber ſagen. Ich möchte gern, daß er im juridiſchen Fache einige Kenntniſſe erhielte. “ Dem Auftrage des Monarchen Folge leiſtend, begab \i< der Schriftſteller zum Erzherzoge und überreichte demſelben ſeine Arbeit. Franz gerieth in Verlegenheit, machte wohl dreißig Bücklinge und ſagte weiter nichts, als: „Das iſt re<t ſ{<ön. Jch bin Ihnen verbunden. Ich werde meinen Vater davon unterrichten. “

Dieſes Betragen des Erzherzogs verrieth das Bewußtſein, daß ſein Lehrer die juridiſchen Kollegia ni<t mit übermäßiger Gründlichkeit geleſen habe; daher ſeine Verlegenheit, welche aus dem Mißtrauen in ſeine eigenen Kenntniſſe entſprang. Dieſes Mißtrauen in ſeine Kräfte hat ihn auh auf den Thron begleitet und war die Urſache, daß er es nicht wagte, etwas aus eigenem Antriebe zu thun, ſondern immer ſeine Miniſter und Hofſtel-