Der Jakobiner in Wien : oesterreichische Memoiren aus dem letzten Dezennium des achtzehnten Jahrhunderts

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jagd in Bayern, nicht geben wollte oder konnte, ſo beſchloß man einen Staatsſtreich zu wagen, der die Malkontenten aller Farben durh Schre>en zum Schweigen bringen und denen, die ihn ausführten, in den Augen des Kaiſers das Verdienſt erwerben ſollte, den Staat aus einer augenſcheinlichen Gefahr gerettet zu haben. Alle Springfedern, die den Machthabern zu Gebote ſtanden, wurden in Bewegung geſezt — die Spürhunde der Polizei ſtöberten mit verdoppelter Thätigkeit überall umher, lauſchten, provocirten und berichteten. Was man hon lange vorbereitet hatte , ſollte mit einem Male an den Tag kommen und die Welt in Erſtaunen ſetzen.

Indeſſen hätte es ſolcher außerordentlicher Maßregeln gar nicht bedurft, da nichts leichter geweſen wäre, als Schlachtopfer aufzufinden, die dem Publikum zu dem Argwohne, als könnten ſie vielleicht auf irgend ein jakobiniſches Attentat innen, ſelbſt einige Veranlaſſung gegeben hatten. Ungeachtet der engen Grenze, die ſhon Leopold der Rede- und Schreibefreiheit geſeßt hatte, herrſchte noch immer die Gewohnheit, daß man ſeine Meinung über politiſche und religiöſe Gegenſtände frei