Der Jakobiner in Wien : oesterreichische Memoiren aus dem letzten Dezennium des achtzehnten Jahrhunderts

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Tagen ſprach er Keinen vom Volke oder vom Bürgerſtande. Es wurde ferner. erzählt, Leopold habe eine Menge in dem Kabinete ſeines Bruders vorgefundene Papiere eigenhändig in den Kamin geworfen und den Flammen übergeben; da er damit zu raſch verfahren, habe der Schornſtein zu brennen angefangen, doch ſei das Feuer bald wieder gelöſcht worden. Man muthmaßte allerlei über dieſe Papiere. Einige glaubten, es wären Plane zu noch einzuführenden Neuerungen geweſen, Andere hielten ſie für heimliche Anzeigen gegen Staatsbeamte, nach einer dritten Meinung waren es alte, ſchon erledigte oder vielleicht auch erſt zu erledigende Bittſchriften und Anbringen.

Die natürliche Spannung der Gemüther bei jedem Thronwechſel ſteigerte ſih bei Leopolds Regierungsantritte in Einigen zu fteberiſcher Aufgeregtheit. Alle, welche die Reformen Joſephs mit Begeiſterung aufgenommen hatten, gewahrten mit Schrecken, wie Leopold ſchon in den erſten Tagen ſeiner Herrſchaft von dem Pfade abwich, auf dem Joſeph zum Heile ſeiner Völker ſo muthig vor“wärts geſchritten war. Sie ſahen Adel und Klerus