Der Jakobiner in Wien : oesterreichische Memoiren aus dem letzten Dezennium des achtzehnten Jahrhunderts

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verborgenſten Gedanken ſeiner Unterthanen verrieth. Nach dieſer muſterhaften Polizei ſollte nun diejenige in den öſterreichiſchen Staaten eingerihtet werden. Der ehemalige Polizeiminiſter , Graf von Pergen, ward Alters halber in den Ruheſtand verſet und der niederöſterreichiſche Regierungspräſident, Graf Sauer, zum Chef der Polizei ernannt. Die Stadt Wien und ihre Vorſtädte wurden in Bezirke eingetheilt, deren jeder eine Polizeidirekftion erhielt, welche für die Ruhe und Sicherheit deſſelben zu ſorgen und die minder wichtigen Polizeiangelegenheiten zu ſ{li<ten hatte.

Dieſe neue Einrichtung erregte bei den Bewohnern von Wien keine außerordentliche Freude. Unter Joſeph's Regierung hatte man ihre Geſpräche nicht einmal an öffentlichen Orten in der Abſicht belauſcht, um ihnen ein Verbrechen daraus zu machen, und nun ſollten ſie ſogar in dem Heiligthum ihrer Wohnzimmer vor Verrätherohren nicht ſicher ſein. Was ſie von der Thätigkeit einer nach dem Muſter der toskaniſchen Polizei eingerichteten zu erwarten hatten, fonnte ihnen ein Vorfall zeigen, welcher einem Bewohner dieſes Großherzogthums, dem Marcheſe C*, begegnet