Die Französische Revolution

66 Drittes Kapitel.

verſucht, dem König vorzuſpiegeln, daß Angriſſe des Bauern- und Bürgerſtandes nicht den Privilegierten, ſondern dem Staatsoberhaupt gelten, daß der Adel die einzige und wahre Stüze des Monarchen ſei: eine Erſcheinung, die im Verlaufe der Geſchichte immer wiedergekehrt iſt: von ihr zeugen die engliſchen Chroniken aus dem 13. Jahrhundert, ebenſo die ſpaniſchen Geſchichtsblätter aus der Zeit Ferdinands VIT. Der König lehnte aber auh diesmal die Wünſche, die ihm aus jenen Kreiſen entgegengebracht wurden, ab: mit Rückſicht auf den Geldmarkt und mit Rückſicht auf die Erfahrungen, die er mit dem Parlament gemacht hatte. Ob Necker von dieſen Ränken, um den Landesherrn in ihr Lager zu ziehen, Kunde erhalten hat, iſt wohl ziemlich ſicher. Denn wie wir aus Mercys Korreſpondenz erfahren, war er nicht mehr gewiß, ob ſeine politiſchen Pläne no< weiter Anklang bei Seiner Majeſtät finden würden, und unter keinen Umſtänden wollte er bei ihrer Ablehnung länger im Amte bleiben !). Aber damals erwieſen ſich dergleichen Befürchtungen noch als unberechtigt, der Miniſter blieb mit ſeinem Herrn und der Königin aufs innigſte verbunden, ja ſogar ſahen dieſe „ihn als das einzig geſchi>te Subjektum“ an, den Staat vor dem Verderben zu bewahren ?). Das müſſen wir feſthalten, wenn wir die Haltung der Regierung in der damaligen Zeit verſtehen wollen ?).

Am 26. Dezember erklärte nun Necker, die gere<hten Wünſche des dritten Standes ſollten Berückſichtigung finden. Was hier „gerecht“ heißt, darüber ſeßte er uns niht in Kenntnis.

Ebenſowenig erſahren wir Genaues aus dem Edikte vom 27. Dezember 1788, und wieder nur ſind wir auf Schlüſſe angewieſen. Nachdem nämlich ſeit ſeinem Amtsantritt mehr als ein Vierteljahr ungenußt verſtrichen war, nahm die Regierung an dieſem Tage zur Löſung der ſchwebenden Fragen das Wort. Die Beratung wird wohl auf Grund eines Entwurfs, den Ne>er *) gefertigt hatte, vor ſich gegangen ſein; denn nah Mercy übernahm er das ganze Riſiko und er verſprach, ſih unter Umſtänden zu opfern, ferner maß er ſih den größten Anteil an der

1) Dieſen Gedanken hat er dann am 23. Juni 1789 zur Tat gemacht.

2) Revue historique, Bd. XXV, S. 326, Anm. 3.

3) Wenn der Angriff der Ultrakonſervativen zurü>geſ<lagen worden war, ſo gaben dieſe ihre Tätigkeit niht auf. Schon damals dachten ſie daran, Ne>er im Marquis von Bretueil einen Nachfolger zu geben (Span. Arch. 3392 — 25. Juli 1789), und dieſer hielt ſich au< für fähig, Ne>er zu ſtürzen.

4) Alſo auch ſie nahmen an den Beratungen teil.