Die Geſchichte des Weltkrieges 1914/17., str. 337
D SCS E EET IZ Lt
-Niederrennen der deutſchen Linien be=-
Jlluſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/17. 295
blide, wo die Franzoſen bei der Ablöſung waren. Jn 9 Kilometern Breite und 500 Metern Tieſe waren die Deutſchen in das feindlihe Grabengewirr vorgedrungen, das ſie ſofort für ihre eigenen Zwede einrihteten. Außer ſchwerſten blutigen Verluſten büßten die Franzoſen au< 300 Gefangene und viel Kriegsgerät ein. Obwohl die allgemeine Erſchöpfung der franzöſiſchen Streitkräfte vor Verdun gebieteriſh eine - längere Ruhepauſe erheiſ<hte, ftonnte ihnen dieſe do<h niht gewährt werden, weil die Engländex im Begriff ſtanden, in Flandern loszuſhlagen und deshalb mögli<hſt viel deutſ<he Truppen an anderen Frontabſ<hnitten gebunden wer= den ſollten. Seit dem 16. September lagen daher die beiderſeitigen Artil= lexien beſonders auf dem öſtlihen Madäs=ufer wieder im hißigſten Kampfe. Die franzöſiſhe Jnſanterie erlebte bereits am 18. September na<mittags eine neue blutige Niederlage. Auf 3 Kilometer breiter Front ging ſie vom Nordhang der Höhe 344 bis zur Straße Beaumont—Vacherauville zum Sturm aus ihren Gräben vor. Dent loeren Wellen der Stoßabteilungen folgten diht gehäufte Kolonnen, die zum
ſtimtint waren. Jn dem Augenbli>, wo die Franzoſen ihre Gräben verließen, praſſelte der Eiſenhagel des deutſhen Abwehrfeuers in ihre Reihen. Eiligſk rannten die Franzoſen den Abhang hin= unter, um ihre Gegner im Nahkampf zu überwinden. Die Macht des deutſhen Feuers zwang jedo< die voranſtürmen= den Stoßtruppen, [hon vor den Ddeutſhen Hinderniſſen umzukehren; ihre
[<wachen Linien wurden dann aber dur die ihnen ent-
gegentommenden franzöſiſhen Kolonnen wieder mit hinabgeriſſen. Furhtbare Ernte hielten jeßt die deutſchen
Phot, Berl. Jüuſtrat,=Geï, m, b. H.
Kampfſlieger Dberleutnant Doſtler, Führer
einer Jagdſtaffel im Weſten, erhielt den Drden Pour le Mérite.
Maſchinengewehre in den dihten Maſſen der Franzoſen. Nur wenige von ihnen erreichten die deutſchen Stellungen, wo ſie im Nahkampf niedergema<ht oder gefangen genommen wurden. Die Hauptkräſte wandten ſich verzweifelt zurüd, um durch die Flut das Leben zu retten. Dex déutſchen Artillerie und den Maſchinengewehren boten ſie auf
dem ſteilen Wege nun erſt re<t gute Ziele; es dauerte in=-
folgedeſſen niht lange, bis der ganze Nordhang der Höhe 8344 mit franzbſiſchen Gefallenen bede>t wax.
Doch ſhon am nächſten Tage ſchi>te
die franzöſiſhe Führung ihre Infanterie denſelben Hang hinab, der no< ſo grauenvolle Spuren der ſranzöſiſhen Niederlage vom Tage vorher aufwies. Zweimal wurden die Bataillone vorgetrieben, und beidemal wiederholte ſih das Trauerſpiel des Vortages; an keiner Stelle gelangten die Sturmreihen au< nur bis an die deutſhen Hinderniſſe. „Damit endete dann vorläufig der neue franzöſiſche Vorſtoß; er hatte dem Feinde niht den geringſten Bodengewinn gebracht, abex zahlreiche ſeiner beſten Regimenter aufs neue zermürbt. —
In dieſer Zeit der Abwehr kraftvoller feindliher Angriffe im Weſten beantwortete Deutſhland die vom Papſt
allen Kriegführenden übermittelte Fri edensanregung in verſöhnlihem Sinne und zeigte ſi< geneigt, au< in Verhandlungen über Abrüſtung und
_Schiedsgerichte, die weiteſtgehendenVorſ<läge der Friedensnote, einzutreten. Wie \<hon mehrmals, ſo reihten die Deutſchen damit auch jeßt wieder ihren Feinden die Hand zum Frieden und bewieſen von neuem, daß es niht ihre oder des Vierbunds Schuld war, wenn das Blutvergießen weiterging, denn auh Öſterreih-Ungarn und Bulgarien beantworteten die Note in verſöhnlihem Sinne. — (Fortſezung folgt.)
Jlluſtrierte Kriegsberichte.
Ein Kampftag des „roten Richthofen“.
Von dex Weſtfront geht uns folgende intereſſante SchilDerung Zu: /
Es wax am 14. April. Die Sonne lachte golden vom wolkenloſen Himmel. Jn der Ferne dröhnten die Kanonen und bei uns ging es emſig zu. Wir waren gerade dabei, in einem Gehölz hinter unſerer Batterie Stangen zu hauen, um Fernſpre<hleitungen anzulegen, als wir, dur< ſurrende Geräuſche in der Luft auſmerfſam geworden, na<h oben ſahen. Dort ſ<wirrten zahlreihe Flugzeuge, die, wer weiß woher, plögli< aufgetau<ht waren und wie Vögel den
Simmel beſäten. Genau über uns fonnten wix deutli<h-
zwei Flieger unterſcheiden, die ſi<h zum Kampfe näherten. Das eine Flugzeug war völlig rot angeſtrichen, nur eîne Hälfte dex unteren Tragfläche war weiß und trug die deutſchen Kreuze. Wir wußten ſofort: das war der „rote Richt=hofen“. Sein Gegner ſcillerte in Silberfarben, auf denen ſich blau-weiß-rote Kreiſe abhoben. Zuerſt näherten ſi{< beide einander, wahxrſ<heinli< weil ſie niht wußten, ob ſie Freund oder Feind waren. Plöglih mote der Franzoſe ſeinen Gegnex erfannt haben, denn in furzgem Bogen legte ex um und ſuchte zu entkommen. Doch der Rote wih nun niht mehr von ihm, er war dit hinter ihm her und ſein Maſchinengewehr begann ſofort zu hämmern. Dabei ſchraubte ſi der Rote bald niedriger, balo höher, aber näher und näher rü>te er dem Weichenden, der wie verzweifelt den Verfolger abzuſchütteln verſuchte. Er bog und wendete, halb linfs, halb re<ts. Es nüßte ihm ni<hts: Richthofen war ſein Verfolger, der noh keinen Gegner, der ſo nahe in ſeinem Bereich wax, entkommen ließ. Es waren ſpannende
- Augenbli>e.
Eine Viertelſtunde vielleicht; dann drehte der Silberne Plößli< wieder, ſtand Kopf und ſauſte ſofort na< unten. Kuxz übex dem Erdboden ſing er ſich auf, der Shwanz kam
hinten über, elegant lag er auf dem Rütten und landete ſo. ſicher, als ob ex im ſ<hönſten Gleitflug niedergegangen wäre. Wir waren ganz in ſeiner Nähe, ſahen und beobachteten ihn. Er muß gefangen genommen werden, ſagten wir uns. Doch niemand hatte eine Shußwafſe. Aber wir hatten Äxte und die genügten uns. So ſtürmten wir auf den Silbernen zu. Kaum hatten wix von den etwa zweihundert Metern die Hälfte zurü>gelegt, als es wieder über uns ſurrte und ratterte. Wir blieben unwillkürlih ſtehen und ſahen dicht über ‘uns den „Roten“; er kreiſte nahe um den Niedergezwungenen, feuerte auf deſſen Flugzeug einige Schüſſe ab und überließ ihn dann uns, indem er ſi< wieder in die Luft erhob. Bald ſtanden wir vor dem feindlichen Flieger. Müßte und Handſchuhe hatte er abgeſtreift; ſo ſtand er gelaſſen neben ſeinem Apparat. Er war unverſehrt und ſein Flugzeug nur leicht beſchädigt. Der Unterlegene wurde als Gefangener fortgeführt. :
Noch ſtanden wir und betrachteten uns das Flugzeug, als es wieder in der Luft über uns laut wurde. Ein neuer Kampf zwiſchen zwei Fliegern ſpielte ſi<h ab. Dex eine war abermals der „rote Richthofen“. Kaum Hatten wir die Flieger erbli>t, als es oben krachte und im ſelben Augenblide, etwa hundert Meter von uns entfernt, ein ſilberfarbiges Flugzeug in Trümmern zur Erde ſauſte. Da kreiſte auh ſhon der „Rote“ ſtolz und ruhig um die Trümmer; dex Rittmeiſter beugte ſi<h weit aus ſeinem Flugzeug, beſah ſih die Unfallſtelle, machte eine grüßende Bewegung mit der Hand und flog wiedex davon.
Dann wurde es ſtiller. Nur ganz in der Ferne tauchten ab und zu kleine Punkte am Himmel auf, näherten ſich einander und entfernten ſi, jagten und beſchoſſen ſi<. Erſt als es Abend wurde, kamen uns mehrere feindlihe und deutſhe Flieger näher, und wieder ſhauten wir einem Kampf zu, dex ſi hoch in der Luft abſpielte und bei dem, wie ſi ſpäter zeigte, wieder der Rittmeiſter v. Richlhofen