Die Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.
Über uns war wieder |
Abgründe taten ſi<h auf
des Weltkrieges 1914/17. - SS
04 e - S e SS Illuſtrierte Geſchichte
mix hob, ähnli<h einem Wellenberg, gegen den ein Segel=boot anläuft, und hatte wie im Boot die Empfindung,
Daß er im nächſten Augenbli> über mix zuſammenbrechen
müſſe. Aber es geſchah nichts dergleihen. Unverändert brummte der Motox, gleihmütig flatterten die Umſchlag-
tuchenden des Führers in dem ſchon empfindlih falt
gewordenen Luftzug. Als i< wieder mit voller Auf-
nahmefähigkeit hinunterſah, waren wir ſ{<hon in über
2000 Metern Höhe. Die Dörfer waren zu Mittelpunkten von Spinnenneßen geworden, in denen die weißen Linien der Straßen zuſammenliefen. Dünnes Sgthleiergewölk fegte
als leichter Nebel unter uns hinweg. Und dort re<hts —
man hätte jau<hzen mögen vor Entzü>ken — türmte ſi ein mächtiger weißer Wolkenberg auf. - Shneeweiß gegen den faſt ſ<hwarzblauen Himmel. Immer ſteigend hielt der Führex auf ihn zu. Er ſchien aus dieſer Höhe bis auf die Erde hinunter zu reihen. Gleich einem Gletſcher öffnete er Abgründe und Spalten und von -ſeinem Gipfel riß ein
jäher Wind den Nebel in Feen weg. Hinter ihm, eine
Alpenkette, re>ten ſih die Gipfel anderer Wolken auf.
Die Erde verſank în einen nur halbgeſehenen grünen
Dämmex. Nux die Wolken waren no< da. Jett waren wix nahe dem Steilabſturz des Waſſergebirges. Ein eiſiger Wind ſtieß uns von dort entgegen und Nebelfeßen ſtürmten auf das Flugzeug zu. Noch eine oder zwei Sekunden und wir waren von Der SS
Wolke umgeben. Für einige Augenbli>e war die Erde verſ<hwunden und ein leu<htendex Nebel umſlimmerte uns mit faſt ſchmerzhafter HelligÉeit. Und plößlih, wie ſie ſih geſchloſſen, tat ſich die Wolke wieder auf.
dex faſt ſ<warzblaue Gebirgshimmel und unter uns die grünſhimmernde Erde. Jett umkreiſte der Führer das Wolkengebirge in enger Kurve. Immer neue Klüſte und
und Bözn drü>en das Flugzeug auf und nieder. Der Shwindel war dur< die Erhabenheit des Anblies überwunden. 2550 Meter. Jh
paar Worte mit dem Führex zu ſprechen. Nicht
richtete mic auf, um ein Sgwerer deutſher Mörſer wird von Mannſchaften durH- eine Ortſchaft in Steli a È lung gebrahe&. C
— einmal ih hörte einen Laut von dem, was ih ſagte. So
nahm der Führer das Gas weg und ging in einen flachen
Gleitflug über. Das Brüllen des Motors hörte auf und -
eine Verſtändigung wurde möglih. Dort rechter Hand lag die Front. Ein Gewirr von weißen Linien, Maſchen und Wab?n- und in der kleinen Ortſchaft unter uns das Éurze Aufblißen eines \<hweren Einſchlages. Die Franzoſen beſchoſſen die deutſchen rü>wärtigen Verbindungen. Sonſt ſchien die Front in tiefſter Ruhe zu liegen. Nur weiter na vorne lagerte eine mißfarbene Wolke über den deutſchen Stellungen. Trommelfeuer! Seit drei Tagen ſchon!
Der Führex bog nun von der Front ab, wo ex einen
ſeindlihen Flieger geſehen hatte. Unter uns lagen jeßt
die Argonnen. Wie winzig erſchien aus Dieſer Höhe das
rieſenhaſte Waldgebirge. Höhen und Täler waren niht.
mehr zu unterſcheiden. Eine einzige grüne De>e war das
Gebirge, von dem dunkleren Schattengrün der Wipfel ſcharf getupft. Hattengrün de jipfe
Auf meine Bitte ging der Führer jezt im Gleitflug
auf 1500 Meter hinunter. Ein wunderbares Gefühl iſt dieſes ſanfte Abwärtsgleiten. Das Toben des Motors hat
aufgehört, und nux das Pfeifen der Luft im Geſtänae "iſt
hörbar. Langſam Hebt ſi< der Horizont und der Höhenmeſjer geht in kürzeſter Zeit von hundert zu hundert Metern herunter. Dort iſt der große Eiſenbahnknotenpunkt mit ſeinem Gewirr von Gleiſen und den vielen Maſchinen, die
thren grauen Dampf über die ganze Anlage hinwälzen.
Mie die Erde jezt unter uns weggleitet ! Dies alles
Tann ja niht Wirklichkeit ſein. Ein Traum iſt's, eine waheé
Phantaſie. Jh muß nach dex Karoſſerie taſten, um mi der Wirklichkeit zu verſichern. : :
__800 Meter. Da iſt die Stadt. Schräg neigt ſi< uns der Marktplatz mit dem Rathaus in der Mitte entgegen.
Winzige [{<warze Punkte ſchieben ſih langſam über den
Plag hin. Menſchen. Größere dunkle Viere>e ſtehen im
Schatten der einen Häuſerreihe. Eine Kolonne. Und Dort die Kaſernen. Zwei mächtige Steinklöge inmitten
einer Parallelreihe von Schuppen. Jett miſchen ſih wieder blaue und gelbe Farben in das Grün des Teppichs unter uns. Noch einmal geht der Führer in die Kurve. Die Stadt unter uns bildet einen Trichter, deſſen Ränder
erſt langſam, dann ſchneller zu kreiſen beginnen. Aber das
Bild bleibt far und jede Einzelheit ſihtbar. Mit einem
leihten Shwanken rihtet ſih die Maſchine aus der Kurve wieder auf. Dort liegt der Flugplaz. JImmex ſhnellex hebt ſih die Erde uns entgegen. Jmmer deutliher wird alles, was ih unter mix ſehe. Dort der große Obſtgarten.
_Jedex einzelne Baum ſteht als“ grünes Büſchel neben ſeinem ſcharfen Schatten. Hell leuchtet das Weiß eines
nahen Gutshofes und auf der Straße iſt lebhafter Verkehr
zu exfennen. Man hat das Gefühl, die Erde unter ſi greifen -
zu önnen, ſo deutli iſt ſie. Aber man weiß, daß ſie no< — : _200 Metex entfernt iſt. Jett gleitet über ein gelbesStoppelſeld ein merfwürdigex Schatten hin, läuft übex Bodenwellen, verſhwindet einen Aus genbli> im dunklen Gebüſ<h und tau<t von neuem auf: der Schat=ten des Flugzeuges. Jm= _mexr ſ<nellex ſlieat die Erde unsentgegen.Schon iſt das Gemälde an der Tür der Flugzeughalle wieder zu ertennen und die cine Gruppe der Offiziere in ihrer Nähe. Dann ſchicht der Apparat in ein vorbeijagen=des Grün hinein. En leiſer Stoß und ein Knir=ſchen des Bodens unter dem Sporn: die Lan=dung iſt beendet, ehe — man re<t daran gez th. Spelling, Be: : dacht hat. — : Jett erſt fühlt man, in wel< ungeheurer
Pho
Spannung wan während dex vergangenen halben Stunde
gelebt hat. “Wie aus einer unmöglichen Traumwelt waht man zu warmer Unmittelbarer Wirklichkeit WieDer auf. Es iſt eine Wonne des Wiederexkennens, ein Grüßen der Augen
nach allen Seiten, Heimkehr aus einer Fremde ungeheurer
Bilder und Empfindungen. i : Der Motor fnattert der Halle zu. Je ein Mann lent den Vogel dur< Zug an den Flügeln in der gewünſchten
“Richtung. Dicht neben dex Gruppe von Kameraden bleibt
ex halten. Zwei Sekunden danach ſtehe ih unter ihnen und bin wieder ein Menſh wie immer. — = e
Stunden noh lagen wir auf dem arünen Raſen vor der Halle. War es nux das. große Erlebnis, das alle Worte
_fingend machte, wie von einex verhaltenen Freude? Jede
Úeine Begebenheit, von der ſie erzählten, wurde zu einer
Tat, die ho< aus allem Alltag rage. E Das Geſchüßfeuex an der Front verdi®tete ſi plößli<h
zu einem ununterbrochenen Rollen. Jn das Wub, wub, wub
‘der Feldgeſhüße miſchte ſih das dumpfe Dröhnen großer
Kaliber. Kurz dana<h kam vom Telephon der Befehl: „Infanterie flieger ſofort ſtarten nah Punkt, die Franzoſen machen einen überraſchenden Teilangriff.“ Leut-
\-nant S. iſt ïn wenigen Minuten fertig. Er iſt ſehr ſtill ge-
worden und ſeine Beweaungen haben etwas Hartes 11d Ru>endes bekommen. Fünf Minuten dana<h hebt ſi< das Flugzeug mit den flatternden Wimpeln des Jnfanteriefliegexs vom Boden und iſt kurz danach im Glaſt des ſonnen-