Die Klassengegensätze von 1789 : zum hundertjährigen Gedenktag der grossen Revolution

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Wetteifer darin, wer am meiſten Geld ausgeben könne, alſo, ſo mußte mau wohl \{ließen, am meiſten Geld einnehme, entſprah dem Karakter der Waarenproduktion, in deren Bereich der Adel zum größten Theil gerathen war. Aber noh hatte er ſih der neuen Produktionsweiſe niht ſo weit angepaßt, wie z. B. der heutige Adel. Das Geldausgeben hatte er bald gelernt, die Einnahmen zu erhöhen dur< Handel mit Wolle, Getreide, Schnaps 2c., verſtand er no< niht ſo gut iwie ſeine heutigen Standesgenoſſen. Auf ſeine feudalen Einnahmen angewieſen, verſchuldete der Adel raſh. War das ſchon beim hohen Adel der Fall, wie viel mehr beim mittleren und niederen! Gab es do< zahlreihe Adelsfamilien, die niht mehr als 50, ja 25 Livres jährliches Einkommen aus ihrem Grund und Boden zogen! Je größer ihre Armuth, deſto größer, deſto unerbittlicher ihre Anſprüche an ihre Bauern. Allein das gab nicht viel aus. Anleihen halfen blos vorübergehend, um hintendrein das Elend um ſo ärger anwachſen zu laſſen. Die einzige dauernde Hilfe in der Noth bot der Staat; deſſen Plünderung ward immer mehr die Hauptthätigkeit des Adels. Alle einträglihen Aemter, die der König zu vergeben hatte, wurden ſeine Beute. Und da die Zahl der ruinirten oder dem Ruin naheſtehenden Adeligen von Jahr zu Jahr wuchs, mußte auh die Zahl ſolcher Aemter immer mehr wachſen; die lächerlichſten Vorwände wurden ſ\{ließli< erfunden, um einem bedürftigen Adeligen ein Recht auf Ausbeutung des Staates zu verleihen. Daß neben den bedürftigen die mächtigen, ebenfalls verſchuldeten und habgierigen hohen Adeligen ni<t vergeſſen wurden, liegt auf der Hand.

Vor Allem waren die Hofämter geſuchte Sinekuren. Sie waren am Beſten bezahlt, erforderten zu ihrer Beſorgung am wenigſten Wiſſen und Arbeit und führten direkt an den Quell aller Vergünſtigungen und aller Vergnügungen. An 15000 Perſonen waren bei Hofe angeſtellt, die größte Mehrzahl nur, um unter einem Titel eine Einnahme zu erzielen. Ein Zehntel des Staatseinkommens, über 40 Millionen Livres (die gemäß dex Werthverſchiebung heute ungefähr 100 Millionen Franken entſprehen würden) mußte zur Fütterung dieſer unnüßen Maſſe aufgeboten werden.

Aber damit begnügte ſich der Adel niht. Bei der Staat®verwaltung gab es verſchiedene Sorten von Beamtenſtellen, Die einen erforderten getviſſe Vorbildung und machten große An-

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