Die Physiognomie des Menschen

Das runde Gesicht:

Es wird von Aristoteles dem Unverschämten, von Polemon dem Jähzornigen, von Rhases dem Toren zugeschrieben.

Das runzelige Gesicht:

Aristoteles eignet es dem Traurigen zu, da man in der Trauer das Gesicht in Falten zieht. Vermutlich ist große Trockenheit die Ursache davon. Averroes hält Runzeln für ein Zeichen der Melancholie. Das runzelige, magere Gesicht, ohne Haare:

Es kennzeichnet nach Aristoteles den Verbitterten. Infolge der Trockenheit und Kälte werden die sonst behaarten Teile glatt; besonders ist das bei Melancholischen der Fall.

Das rote Gesicht:

Es deutet auf Schamhaftigkeit, weil man rot wird, wenn man sich schämt, schreibt Aristoteles. Aphrodiseus hält es für ein Zeichen von Sittsamkeit und Frohsinn: von Sittsamkeit, weil das Gesicht blutübergossen ist, gleichwie man in der Scham die Hände vors Gesicht schlägt, von Frohsinn, weil das Blut gleichsam nach außen dem Vergnügen entgegenkommt. Die Farbe seiner Haut ist die der Rosen, d. h. aus weiß und rot gemischt wie in der Blüte der Jugend, und wird auch fleischfarben genannt. Das Gesicht des Menschen errötet in der Scham, weil dann nach Aristoteles das Blut zur Peripherie strömt. Besonders löblich ist die Sittsamkeit bei Jünglingen. Der Cyniker Diogenes nennt die Röte die Farbe der Tugend, Naevius nennt sie die Farbe der Scham, ‘ebenso Terenz. Ruellius Gallus, ein tüchtiger Arzt, hatte ein rotes Gesicht und war bescheiden und sanftmütig. Nach Polemon deutet ein dauernd rotes Gesicht auf einen rauhen Charakter. Domitian hatte ein rotes, bescheidenes Antlitz.

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