Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit

da ist, um die Not zu überwinden. So ist die Krankheit selber das Mittel zur Genesung. Anwachsender Hunger, große Fluten, Kälte und völkerverfeindende Elendswetterschläge mußten den immer noch naturumschlungenen Menschen weiter und weiter in sich selbst hineindrängen und aus dem Vorbewußtem hervorpressen: das wacheste Bewußtsein. Der bewußte Mensch lauschte nun allgemach der Natur ab eine zweite verbesserte Natur. Dem Fische sah er ab das Schiff; dem Vogel das Flugzeug. Die Hand schuf er um zu Hammer, Egge und Pflug. Bildete das Auge nach als dunkle Kammer, das Herz als Pumpe, den Kehlkopf als Zungenpfeife, die Lunge als Blasebalg, die Gelenke als Krahne. Kurz er wiederholte die Wachstumsgewalt des Lebens noch ein Mal als Geisteswelt.

Der erste Geisteskünder ward Moses, welcher gebot fürder kein Bildniß mehr noch Gleichniß zu machen und den Sonnenund Feuergott der Babylonier, Assyrer und Hebräer umwandelte in die Legende vom zürnenden und liebenden Menschenvater, der wie die erdentrissene Flamme bricht aus drohendem Dornstrauch und gleich der Meduse nicht angeschaut werden kann, ohne daß man daran stirbt. Aus dem durch babylonische Einflüsse gemodeltem Götterhimmel der Semiten tritt als Einziger: Jahve unter schollenloses Volk, das erste Volk naturentiremdeten Geistes, welches wandern muß durch Wüste nach einem verheißenem Lande (da wohl nur dem aus Naturverband Gestossenen der Geist-sich offenbart) aber nur im Sterben dieses gelobte Land der Ferne erblicken kann. Das war um 2000 vor Christus. . .

Mindestens ein Jahrtausend später, merklich abgeblaßter, schlägt die gleiche Flamme wieder hervor aus arischem Urstamm; in Persien; wieder unter todgeweihtem Volk. Zoroaster, (ältestes Weistum Indiens, Ägyptens, Irans vereinend), durchschaut als Erster die Zweiheit und den Bruch von Leben und Geist. Geist ist zwar Leben. Aber die Flamme ist uns nur freundlich, wenn sie treibend und lebenzeugend eingesenkt ruht im Element. Gräßlich wird sie, wenn sie herausgedrängt, sich ablöst von der Welt, ihr gegenübertritt und nun rächend und bereinigend ‘die ausgestoßene und abgestorbene wieder in sich einschlingt.

‚Rudra, der große Weise, abgedrängt zur Endzeit, Der in den Wesen lebt, zerschmettert sein Geschöpi.‘