Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.
104 IV. Jm Dienſte der europäiſchen Reaktion.
tis, deſſen Namen er aus den Liſten der ruſſiſchen Armee ſtreichen ließ. Jn Konſtantinopel wurde beruhigend verſichert, daß der ruſſiſche Hof jeder Bewegung ferne ſtehe. Metternich durfte frohlo>en : die Griechen bleiben ſi ſelbſt überlaſſen, ſie haben auf Hilfe gehofft, die ihnen jedoch verſagt wird. Die Erhebung im Gebiete der unteren Donau wurde ſchnell unterdrü>t und Ypſilanti, der nah Öſterreich flüchtete, konnte in den Feſtungen Munkacs und Thereſienſtadt als Staatsgefangener ſe<s Jahre darüber nachdenken, ob es nicht eitel ſei, gegen die beſtehende Ordnung anzukämpfen.
Doch Metternich hatte zu früh triumphiert. Der Aufſtand der Griechen nahm nun erſt recht ſeinen Fortgang und entzündete in ganz Europa eine wunderbare Begeiſterung. Die Völker, die mit ihren Regierungen unzufrieden waren, begleiteten voll inniger Teilnahme das Ringen der Hellenen nah Freiheit. Man überſah die wenig erqui>lichen Begleiterſcheinungen, man verzieh all die Verkommenheit, die ſih bei den Griechen zeigte. Der Drang nach Freiheit beſtach und die blutgierige Willkür der Türken flößte allerorts Abſcheu ein. Dadurch erweiterte ſich der Abſtand zwiſchen den Volk3maſſen und den reaktionären Staat3männern in Europa. Das offizielle Öſterreich, das die aufſtändiſhen Griechen mit ſeinem Grolle verfolgte, geriet in einen noh ſ<härferen Widerſpruch mit der allgemeinen Meinung, die damals freili<h niht überall als öffentliche Meinung bezeichnet werden konnte. Genyt mußte ſeinen guten Stil wieder einer ſhle<ten Sache widmen, denn er war gezwungen, unermüdlich kaltes Waſſer auf die Glut der philhelleniſchen Begeiſterung zu ſhütten. Erbli>kten die andern bloß das Gute, ſo unterſtrich er ledigli<, das Schlechte. Wo waren die Zeiten, da der wandlungs3fähige Hofrat geſchrieben hatte: „Die Türken, dieſer Schandfle> der Chriſtenheit, fort, fort auf ewig aus Europa“... 21)
Metternich, für den die Schickſale ganzer Völker nichts anderes als tro>ener Aktenſtoff für geſchäftliche Meiſterſtücke waren, mußte betrübt wahrnehmen, daß Kaiſer Alexander ſeinen führenden Händen entglitt. Für den Zaren ſchienen die Griechen als Aufrührer veruächtlih; doh er erkannte in ihnen auh die Chriſten, denen ſein ſ{<wärmeriſcher Sinn die Neigung nicht entziehen konnte. Denn furchtbar waren die Greueltaten, die der mohammedaniſche Fanatismus nun verübte und die ſelbſt dem greiſen Patriarchen Gregor das Leben koſteten. Schon im Juli des Jahres 1821 überreichte der
1) Eugen Guglia. Friedrih v. Geng. Wien 1901.