Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.
92 TV. Jm Dienſte der europäiſchen Reaktion."
Preußen wurden auch die Opfer der Demagogenverfolgung aus den dumpfen Kerkern befreit, und ſie kamen wieder zu den verdienten Ehren. Die Metternichſche Finſternis wih im Hohenzollernſtaate immer mehr, während ſich der Himmel über Öſterreich noch verdunkelte. Dort gab es ein mäßiges Vorwärtsſchreiten, hier wurde man verknöcherter, ſeniler.
TV. Im Dienſte der europäiſchen Reaktion," A. Die Kongreſſe.
Sehnſüchtig haben die Deutſchen jahrhundertelang nah dem Süden geblidt. Jtalien wax das Gebiet, auf das die Wünſche nah territorialer Ausdehnung, nah Eroberung am liebſten hinwieſen. Auch in der öſterreichiſchen Politik hat der nimmerruhende Drang nach dem Süden eine große Rolle geſpielt. Monarchen und Miniſter träumten von der Erweiterung der Hausmacht auf italieniſchem Boden, von der Vorherrſchaft jenſeits der Alpen. Kaiſer Franz, deſſen Wiege in Ftalien ſtand, beklagte in den Tagen der Napoleoniſchen Umwälzungen nichts ſo ſehr wie den Verluſt der italieniſchen Gebiete, den ſein Haus und den Öſterreich erlitten hatten. Deshalb ließ er ſich ſchon zur Zeit, da er ſi<h an Preußen, Rußland und England anſchloß, um die Weltherrſchaft des Korſen zu erſchüttern, die Rückgabe der illyriſchen Provinzen verbriefen ; während des Prager Kongreſſes im Jahre 1813 erhielt Öſterreich auch die Zuſicherung Englands, daß dieſe Macht alles gutheißen werde, was Franz in Jtalien unternehmen wolle 2). Als dann die Hoffnung erfüllt und Napoleon geſchlagen war, beeilte ſih die Hab3burg-Lothringiſche Monarchie, ihre Rechte auf Norditalien zur Geltung zu bringen. Widerſpruchslos gingen die Alliierten darauf ein. So war denn ein gutes Stü> Arbeit bereits geleiſtet, ehe der Wiener Kongreß zuſammentrat. Allein Metternich ruhte nicht; er beſtrebte ſich nun, noh einen Teil des Kirchenſtaates an Öſterreich zu reißen und dadur< Abſichten zu verwirklichen, die manchen ſeiner Vorgänger leiteten. Die Verkleinerung des päpſtlichen Länderbeſißzes ſtieß jedoch auf den
1) Alfred Stern. Geſchichte Europas von 1815—1871 (bisher 6 Bände). Berlin und Stuttgart. — Theodor Flathe. Das Zeitalter der Reſtauration und Revolution. 1815—1851. Berlin 1883. ,
2) Freiherr von Helfert. Kaiſer Franz I. von Öſterreih und die Stiftung des Lombardo-Venezianiſchen Königreihs. Jnnsbru> 1901.