Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Schwäche der Koalition gegen Frankreih, 17

von den bei den Truppen anweſenden Volksrepräſentanten überwacht wurden, ging die oberſte Leitung der verbündeten Heere von mehren Kabinetten aus, die verſchiedene zum Theil entgegengeſeßte Abſichten ver= folgten, und deren Generale, mit den widerſtrebenden Meinungen ihrer Höfe bekannt, ſehr oft von Mißtrauen und Eiferſucht auf einander erfüllt waren.

König Friedri< Wilhelm IT., ſcon ſeit dem verfehlten Zuge nah der Champagne ſeiner Theilnahme am Kriege gegen Frankreich über=drüſſig, war außerdem von der Lauheit und Nachläſſigkeit, mit welcher die meiſten deutſchen Reichsſtände ihre Kontingente, eatweder zu ſpät oder unvollſtändig, nah dem Kriegsſchauplate geſchi>t hatten, verletzt worden , und ſah unter ſolchen Umſtänden einen üblen Ausgang voraus. Er wollte, mit Vergrößerungsplänen gegen Polen beſchäftigt, ſein Heex bis auf die 20,000 Mann, welche er als Reichsſtand zu ſtellen hatte, ganz zurü>ziehen, als England und Holland in das Mittel traten, und ihn durc das Anerbieten von Subſidien in der Koalition gegen Frank= rei noc eine Zeit lang feſtzuhalten wußten. In einem im Haag abge= ſchloſſenen Vertrage (19. April 1794) machte ſich Preußen verbindlich, gegen Empfang von 300,000 Pfund Sterling zur erſten Ausrüſtung, und einer monatlichen Zahlung von 50,000 Pfd. Sterl., bis zum Mai 62,000 Mann in das Feld zu ſtellen.

Vergebens hatte der Kurfürſt von Mainz, von den Ideen des eben ‘erſt aus ſeinem Dienſt geſchiedenen Geſchichtſhreibers Johannes von Müller erfüllt, in ſeiner Eigenſchaft als Reichserzkanzler, ein allgemeines Aufgebot für Deutſchland vorgeſchlagen, um gegen die kriegeriſche Begei= ſterung des franzöſiſchen Volkes ein nationales Gegengewicht aufzuſtellen. Er drang damit nicht dur, indem ein Theil der deutſchen Fürſten von einer ſolhen Maßregel, bei der Stimmung ihrer Unterthanen, innere Unruhen befürchtete. Ein in Belgien , auf öſterreichiſhe Veranlaſſung, angeſtellter Verſuch der Art war ſchon im Entſtehen geſcheitert. Der Volksgeiſt war damals in den meiſten Staaten zu ſehr gelähmt, die Kraft freier Entſchließung zu lange und zu folgereht unterdrü>t worden, als daß von unten her ein Aufſhwung mögli<h geweſen wäre. Von den gebildeten Claſſen war nicht zu verlangen , daß ſie ſich, dur< ihren Eintritt in die verbündeten Heere, der ſklaviſchen Behandlung der damaligen Soldaten ausfetten. Aber ſelbſt in der eigentlichen Kriegsführung wurde, ungeachtet aller Erfahrung von deren Unzwe>mäßigkeit, keine Verbeſſerung angeſtellt, man ſchien lieber mit dem Alten ganz zu Grunde gehen, als mit dem Neuen wieder aufleben zu wollen.

Be >er, Weltgeſchichte, 8, AvAl KY, D