Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

916 Neueſte Geſchichte. 2. Zeitraum.

tereſſen wurden allmälig zur Nachgiebigkeit gezwungen. Selbſt die bei= den großen parlamentariſchen Gegner, Pitt und Fox, vereinigten ſich über dieſen Punkt. Im Jahre 1807 war endlich dieſe Frage im Sinne der Würde und Freiheit der menſchlichen Natur entſchieden worden. England arbeitete von dieſer Zeit an in Verträgen mit Portugal , Schweden, Dänemark, und gleich im erſten Jahre der Reſtauration mit Frankreich, raſtlos daran, um die übrigen Kolonialſtaaten zu einem ähnlichen Verbot zu bewegen. Auf dem Kongreß wurde dieſe Angelegenheit von dem erſten engliſchen Bevollmächtigten, Lord Caſtlereagh, kräftig vertreten. Am we= nigſten kam den philanthropiſchen Bemühungen Englands, denen man, ob=gleih ohne Grund, ſelbſtſüchtige Beweggründe unterzulegen verſuchte, das ſpaniſche Kabinet entgegen. Sein Bevollmächtigter, der Ritter Labrador, war anfänglich ſogar geneigt , den ganzen Antrag für einen Eingriff in die Rechte ſeiner Regierung anzuſehen. Nach langen Unterhandlungen verſprachen endlich Frankreich, Portugal und Spanien dem Sklavenhandel nah einer gewiſſen Zeit zu entſagen, ihn vorläufig an einzelnen Strichen der afrikaniſchen Küſte zu verbieten, und einzuräumen , daß in ſolchen Gegenden brittiſche Kriegsſchiſfe die Aufſicht ausüben , des Skla=venhandels verdächtige Handelsfahrzeuge unterſuchen, und im ſchuldigen Falle aufbringen und zur Beſtrafung abliefern konnten. Später nahm auch Frankreich an dieſer Seepolizei einen thätigen Antheil. In den erſten Jahren erlaubie es der Zuſtand ſeiner Marine niht. Die menu= ſchenfreundlichen Geſinnungen und der Einfluß des Kaiſers Alexander trugen viel zum Gelingen der Beſtrebungen Englands bei, und es ward endlich eine von den aht Mächten, die den erſten pariſer Frieden ge= ſchloſſen, unterzeichnete Erklärung erlaſſen, in welcher der Sklavenhandel für eine Herabwürdigung der Menſchheit und als ein Gegenſtand allge= meinen Abſcheues hingeſtellt, jedo< ven einzelnen Kolonialſtaaten kein beſtimmter Zeitpunkt zur gänzlichen Unterdrü>ung deſſelben vorgeſchrie= ben wurde. England ſorgte dafür dur< Verträge mit den einzelnen betheiligten Regierungen. So ward wenigſtens ein großes Princip der Menſghlichkeit allgemein anerkannt. Es geſchah damals zum erſten Mal, daß eine die Vertreter aller europäiſchen Staaten umfaſſende Verſammlung ſi< mit einem Gegenſtande der Philanthropie, und nicht blos der Konfeſſion und Politik, wie fcüher immer der Fall geweſen, beſchäftigte. So wenig der Sklavenhandel vamals und ſpäter ganz ausgerottet wurde, er ward wenigſtens allmälig immer mehr beſchränkt, und die Verwerfung veſſelben im Princip hatte die große praktiſche Wirkung, die Abſchaffung der Sklaverei überhaupt vorzubereiten, da es niht wohl mögli war,