Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

258 Neueſte Geſchichte, 2. Zeitraum.

früher faſt unbeſchränkten Unabhängigkeit im Innern Manches aufzuge= ben veranlaßt wurden.

Dieſer Plan ward, nachdem über eine anderweitige Einigung viele Zeit fruchtlos verloren gegangen, raſ< verwirklicht , und der deutſche Bund in das Leben gerufen, wie er im Weſentlichen noch jetzt beſteht. Derſelbe ſollte aus neununddreißig Mitgliedern , fünfunddreißig ſouverainen Fürſten und vier freien Städten, zuſammengeſeßt ſein. Zum Sit der Bundesverſammlung ward Frankfurt am Main gewählt, und der Vorfib in ihr Oeſterreich , aber nur die formelle Geſchäſtsleitung, ohne beſondere Vorrechte, zuerkannt. Oeſterreich und Preußen traten nur mit dem Theil ihrer Staaten, die früher zum deutſchen Reich gehört hatten, in den Bund ein. Die Bundesverſammlung wurde in einen engeren Rath und ein Plenum getheilt. Die Mehrheit der Stimmen entſchied in beiden Abtheilungen , in erſterer abſolut, in leßterer mit zwei Dritttheilen der Stimmen. Nur bei organiſchen Einrichtungen ward Einhelligfeit aller Mitglieder verlangt. Der engere Rath zählte ſiebenzehn, das Plenum neunundſe<zig Stinunen.

Als es ſih darum handelte, die Staaten zu beſtimmen, die als ſelbſtſtändige Glieder in den deutſchen Bund aufgenommen werden ſoll= ten, ging man von dem Grundſatz aus, nur diejenigen als ſolche gelten zu laſſen, die bei Auflöſung des Rheinbundes ſouverain geweſen, oder wie Hannover, Kurheſſen, Braunſchweig in ihre alten Rechte wieder eingeſeßt worden. Die fürſtlichen und gräflichen Geſchlechter, die durch die Stiftung des Rheinbundes ihren früheren von Napoleon zu Königen und Großherzogen erhobenen Mitſtänden unterthänig geworden, die Me= diatiſirten, erhielten die zur Zeit des deutſchen Neiches beſeſſene Landes= hoheit nicht zurü>. Zwei von den Rheinbundsſtaaten , die Großherzog= thümer Frankfurt und Würzburg , verſ<hwanden ganz, mehrere andere wurden mediatiſirt. Von ven vielen früher beſtandenen Reichs\tädten traten nur Hamburg, Lübe>, Bremen und Frankfurt am Main als ſou= veraine Staaten in den deutſchen Bund ein,

Bei dieſer Aufnahme der Einen und Ausſcließung der Anderen mußte, wie bei allen politiſhen Kombinationen, Manches als Willkühr erſcheinen, die aber unvermeidlich geworden war. Da der deutſche Bund überhaupt feine Fortſezung des alten deutſchen Reiches, wofür er hier und da irrthümlich angeſehen wurde, ſondern eine neue Schöpfung war, die mit dieſem nur durch gewiſſe territoriale Verhältniſſe eine Aehnlich= keit bot, ſo konnte der Maßſtab für die Gegenwart auch niht der Ver= gangenheit entlehnt werden. Unter den vorhandenen Umſtänden war es