Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Der deutſche Bund. 257

Errichtung eines beſtändigen Vollziehungsrathes, nur aus einigen Bundesgliedern beſtehend und aus\cließend zu der Beſorgung aller auswär= tigen Angelegenheiten beſlimmt, und für eine nur von Zeit zu Zeit einzuberufende Bundesverſammlung. Aber alle Entwürfe, die Deutſchland wenigſtens die Form einer einheitlichen Organiſation und eines wirklichen Bundesſtaates verleihen ſollten , ſcheiterten zuleßt an den verſchiedenen Jutereſſen der einzelnen deutſchen Dynaſtien und an der politiſchen Bewußlloſigkeit der Bevölkerungen ſelbſt.

Die bedeutenderen unter den ehemaligen Rheinbundsfürſten, Bayern, Würtemberg, Baden, Darmſtadt, waren es vorzüglich, welche, mit ihren Anſprüchen auf eine durchaus unabhängige Souverainetät, der Bildung eines Bundesſtaates, und der damit zuſammenhängenden Unterordnung der Einzelnen unter das Ganze, am meiſten entgegenwirkten. Bayern befümpfte hartnä>ig die Errichtung eines Bundesgerichts, und nahm das Recht für ſich in Anſpruch, ſich über Kriege oder Unterhandlungen mit fremden Mächten unumſchränkt entſcheiden zu dürfen. Würtemberg ſebte den Berathungen alle möglichen Hinderniſſe entgegen , und ſchien mehr als einmal geneigt, einen ganz eigenen Weg einſchlagen zu wollen. Obgleich es von ſelbſt flar war, daß alle dieſe Regierungen nicht, wie Oeſterreich und Preußen, durch ſich felbſt beſtehen, ſondern ohne den Anſ{luß an Deutſchland unter fremde Botmäßigkeit fallen mußten, ſo waren dennoch dem Kongreß, durch die früher mit ihnen zu der Bekämpfung Napoleon's abgeſchloſſenen Verträge, die Hände gebunden.

Oeſterreich ſtellte, nah dem Fehlſchlagen aller anderen Verſuche zu einer kräftigeren Einigung Deutſchlands , endlich den Gedanken eines Bundes aller deutſchen Staaten mit gleichen, nur in beſtimmten Fällen nah dem Machtverhältniß modificirten Rechten, und der Errichtung einer Bundesverſammlung, einzig aus den Bevollmächtigten der einzelnen Re= gierungen, ohne Zuziebung einer Volksvertretung, beſtehend, demnah eines Staatenbundes, ſtatt eines Bundesſtaates, auf. Es ſollten den einzelnen Staaten uur ſo viele Beſchränkungen nah Außen hin auferlegt werden, als zum Beſtehen eines ſolchen Bundes durchaus nothwendig waren, ſie fonſt aber im Innern durchaus unabhängig ſein. Als Zwe> dieſes Bundes trat, ſtatt einer politiſchen Einheit, faſt ausſ{ließend die Vertheidigung gegen auswärtige Feinde hervor. Erſt ſpäter veranlaßte die Beforgniß vor dem Umſichgreifen revolutionairer Ideen das Streben nah einer größeren Uebereinſtimmung in der Geſeßgebung, wenigſtens in gewiſſen Theilen derſelben, in Bezug auf Preſſe, Vereinsrecht, land= ſtändiſche Befuguiſſe u. ſt. w., wobei die einzelnen Negierungen von der

Bed>er, Weltgeſchichte. 8. Aufl. XYL 17