Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

3292 Neueſte Geſchichte. 2. Zeitraum.

ven Augen ſeiner Anhänger eher ehrte als herabſebte, und auf ſte mehr Eindrut> als ſeine ſtolze Ruhe und Kälte bei anderen Gelegenheiten mate.

Unterweges berathſchlagte Napoleon mit ſeinen Umgebungen über den zunächſt zu ergreifenden Plan. Sollte er nah Paris eilen, dur ſeine Gegenwart die ihm feindlichen Parteien in Zaum halten, die Kam= mern zur Bewilligung neuer Mittel des Widerſtandes bewegen, oder ſollte er die Ueberreſte des Heeres erwarten und ſammeln und an deſſen Spitze bleiben? — Die Meinungen waren getheilt. Diejenigen, welche die Lage der Dinge am rictigſten beurtheilten, riethen zum Verharren auf dem Kriegsſhauplaße. In Laon entſchloß fich Napoleon zur Rü>= kehr nah Paris. Er machte es jezt, wie nah dem Feldzuge in Rußland und Deutſchland. Er verließ ſeine Armee und eilte nah der Hauptſtadt, in der Hoffnung, dort im Mittelpunkt der Macht Vorbereitungen zur Fortſetzung des Kampfes treffen zu können. Aber diesmal täuſchte er ſich.

Von Laon aus ſchi>te der Kaiſer den Bericht über die Schlacht von Waterloo an ſein Miniſterium, um den Kammern mitgetheilt zu werden. Die Größe der erlittenen Verluſte war niht verheimlicht worden. Mit lobenswerther Mäßigung widerſtand Napoleon der Verſuchung , mehre ſeiner Generale, namentli< Ney, anzuklagen. Er {hob Alles auf un=glülihe Zufälle. Der Bericht konnte an das berühmte 29. Bulletin über den Rückzug aus Rußland erinnern. Nur ſtanden jet die Dinge viel verzweifelter als damals.

Die in Paris verſammelten Kammern hatten bisher keine entſchie= dene Haltung angenommen. Sie brachten ihre Sibungen mit unbedeutenden Berathungen zu. Alles war auf den Ausgang des Feldzuges geſpannt, Die republikaniſche Partei ſprach zwar no immer dann und wann von Volksſouverainetät. Aber man kannte eine drohende Aeuße= rung des Kaiſers, kurz vor ſeiner Abreiſe zur Armee gethan, welche, im Falle er über die Verbündeten triumphirte, den Untergang der Verfaſſung und Freiheit vorausſehen ließ. Auch Fouché hatte dann ein übles Schi>= ſal zu erwarten. Ob ihm die Abſichten des Kaiſers in Bezug auf ihn in ihrem ganzen Umfange bekannt geweſen, iſt ungewiß, aber ſo viel wußte er jedenfalls, daß er nichts Gutes zu erwarten habe. Ein Ver= trauter Napoleon's hatte dieſem gerathen, ſi<h Fouché's um jeden Preis vor Ausbru<h des Feldzuges zu entledigen, und der Kaiſer, der nicht Alles, aber genug von den Ränken und geheimen Unterhandlungen ſeines Polizeiminiſters mit den Bourbonen und dem Feinde wußte, geantwor= tet: „Wozu könnte das Blut dieſes Menſchen mir nüßen, wenn ih bei meinem Unternehmen unterliegen ſollte? Aber derſelbe Kurier, der die