Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Verſchiedene Anſichten über die von Napoleon anzunehmende Haltung. 325

ner dagegen verſammelten ſi< um de la Fayette und Fouché, die, obwohl aus ſehr verſchiedenen Gründen, Napoleon gleih feind waren. Die Menge ſah in dem Beſiegten no< immer das Panier des Vaterlandes und das einzige Mittel der Rettung, die politiſchen Parteien dachten aber mehr daran, ihre Ideen durhzuführen oder ihren Haß zu befriedigen, als Frankreich vor dem andringenden Feinde zu vertheidigen.

Napoleon hatte, nachdem er ſich einige Stunden lang der Ruhe hin=gegeben, ſeine Miniſter und einige andere ſeiner erſten Diener nah dem Elyſée entboten. Er erklärte ihnen, daß eine militairiſche Diktatur noth= wendig geworden, um alle Hülfsquellen des Landes gegen den Feind auf= bieten zu können. Er ſagte, daß es von ihm abhinge, dieſelbe an ſih zu reißen, daß es aber volksthümlicher und wirkſamer wäre, wenn ſie ihm von den Kammern zuerkannt würde. Ein Antrag der Art ſollte demnach an ſie geſtellt werden. Mehre der Anweſenden zweifelten an dex Be= willigung eines ſolchen, und Regnault de St. Jean d'Angely, einſt ein Republikaner, dann aber eifriger Anhänger des Kaiſerreiches , ſprach zuerſt von der Nothwendigkeit einer freiwilligen Abdankung, damit dieſe nit von der Volksvertretung erzwungen würde. Lucian Bonaparte, der ſi des 18. Brumaire erinnerte, erhob ſih heftig gegen dieſe Meinung, und rieth ſeinem Bruder, ſi< niht an die Kammern zu kehren und allein die Rettung Frankreichs über ſi zu nehmen. Carnot, dem immer 1793 vorſchwebte, forderte zu einer allgemeinen Bewaffnung des Volkes, zur Ergreifung außerordentlicher Maßregeln, Verhängung des Belage= rungszuſtandes über Paris, Verlegung des Sitzes der Regierung nah der Loire auf , ließ es aber ungewiß, ob die Zuſtimmung der Kammern eingeholt werden ſollte oder nicht.

Aber die Entſcheidung über die Lage der Dinge hing niht mehr von Napoleon, ſeinen Miniſtern und Generalen ab. Die Repräſentanten= kammer, der großen Mehrheit nach antibonapartiſtiſh geſinnt, trat plößz= lich in den Vordergrund. Sie würde es niht gewagt haben, eine drohende Stellung gegen denKaiſer anzunehmen, wenn ſie niht von Fouché und deſſen Anhängern ermuthigt und geleitet worden wäre. So lange Napoleon noh an der Spibe einer mächtigen Armee ſtand, hatte der Herzog von Otranto zwar mit ſeinen Feinden gegen ihn im Geheimen unterhandelt, jedoch keine beſtimmte Ausſicht auf Erfolg gehabt. Nach einer Niederlage, wie bei Waterloo, begriff er aber, daß von einem Kaiſerreich nicht weiter die Rede ſein konnte. Er trat fogleih wieder in Verbindung mit Lord Wellington, der von jezt an au eine große politiſche Rolle ſpielen ſollte, und ſchi>te einen Vertrauten an Ludwig XŸUT. nah Gent ab, um auf dieſen einen