Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Napoleon's Schreiben an den Prinz - Regenten. 74

das Gepäd eingeſchifft, die Pläte vertheilt, die Abreiſe für die nächſte Naht beſtimmt, als ſein Gefolge ſich in Klagen über die Schwierigkeit des Gelingens , die Möglichkeit von einander getrennt, und an unwirthbare Küſten verſchlagen zu werden, ergoß, und in ihn drang , in England ſtatt in Amerika eine Zuflucht zu ſuchen.

Napoleon ging auf dieſen Rath ein. Er ſcheint in jenem Augenbli> eine beſondere Abneigung vor einer längeren Seereiſe gefühlt zu haben, ohne zu ahnen, daß, wenn er eine ſelche jezt nict freiwillig antreten wollte, ihm eine längere und gezwungene bevorſtand. Er ſandte aber= mals zum Kapitain Maitland, der unterdeſſen Verhaltungsbefehle ems pfangen hatte, und ſi< zur Aufnahme Napoleon's bereit erklärte, aber weder für die Bewilligung eines Aufenthaltes in England noh einer Veberfahrt nah Amerika bürgte. Er hätte jeßt wiſſen können, was ihn bevorſtand. Aber er verblendete ſich wie abſichtli<h, wies alle weiteren Borſchläge zur Rettung ab, faßte den verzweifelten Entſchluß, ſi< den Engländern in die Arme zu werfen, und kündigte dies dem Prinz = Res genten, na<maligen Könige Georg IV., in einem Schreiben an, das, durch die daſſelbe begleitenden Umſtände zu einem in ſeiner Art einzigen geſchichtlihen Denkmal geworden iſt , und folgendermaßen lautet :

¡Königliche Hoheit!

Den Faktionen , die mein Land zerreißen und der Feindſchaft der großen Mächte Europa's preisgegeben, habe ih meine politiſche Laufbahn beendigt, und komme, um mi wie Themiſtokles an dem Heerde des brit tiſchen Volkes niederzulaſſen. Ich ſtelle mi<h unter den Schuß ſeiner Ge= ſee, den i< von Eurer Königlichen Hoheit als dem mächtigſten , ſtande hafteſten und großmüthigſten meiner Feinde in Anſpruch nehme.

Napoleon.“

Der General Gourgaud wurde mit der Beſorgung dieſes Schreibens an den Prinz - Regenten beauftragt. Er hatte Befehl , daſſelbe eigenhän= dig zu überreichen , und ferner zu erklären , daß Napoleon ſeinen Aufent= halt auf dem Lande nehmen, und ſi< den Namen Duroc beilegen wolle. Duroc,, General und ſpäter Großmarſchall des Palaſtes, war nebſt dem Marſchall Lannes ſein vertrauteſter Freund geweſen, und an ſeiner Seite gefallen. Auch ſei er bereit , ſi einer beſonderen Aufſicht zu unter= werfen.

Die Nacht über vor der Ausführung dieſes Entſchluſſes ward Na= poleon no< von manchen quälenden Gedanken zerriſſen. Mehre unter den franzöſiſchen Seeleuten, die, von ihrem nationalen Inſtinkt getrieben, den Engländern nichts als Uebles zutrauten, ſagten ihm ſein Schiéſal voraus,

Beer, Weltgeſchichte, 8. Aufl. YI, 22