Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Napoleon's Abführung nah St. Helena beſMToſſen. 339

Regierung mit der Wahl des Verbannungsortes und der Aufſicht über ihn beauftragt, aber zuglei< entſchieden, daß Kommiſſarien der Groß= mäte an dieſer Bewachung Theil nehmen ſollten. Es ward beſchloſſen, ihn nach der Inſel St. Helena zu bringen.

Gegen dieſe Beſtimmung über Napoleon's Schi>ſal konnte von Seiten des Rechts nichts eingewandt werden. Er hatte ein Jahr vorher dem Throne entſagt, und kannte den Beſchluß Europa's, ihn denſelben nicht wieder einnehmen zu laſſen. Deſſen ungeachtet bra< ex ſein ge=gebenes Wort, und ſtürzte eine Regierung, die, mit den übrigen Mächten im Bunde, deren Hülfe in Anſpru<h nahm. Endlich beſiegt, und von ſeinem eigenen Volke verlaſſen, begab er ſi< ohne vorher erlangte Bez dingungen, ohne Gewährleiſtung für ſeine Freiheit, auf ein engliſches Kriegs\ciff. Da Europa no immer mit ihm im Kriege war, ſo konnte er niht anders als ein Gefangener angeſehen werden. Seine zweite Entſagung auf den Thron hatte nichts in ſeiner perſönlichen Stellung veründert, da vön den Verbündeten ausdrülich erklärt worden, nicht Frankreich fondern nur ihn und ſeine Anhänger zu bekämpfen. Die Befugniß der Sieger, ihn als einen Gefangenen zu behandeln, war demnach unzweifelhaft.

Den Eingebungen der Großmuth bei einer ſo außerordentlichen Vernlaſſung und gegen einen Feind, der von einer ſolchen Höhe geſtürzt worden, zu folgen, wäre allerdings edelmüthiger geweſen, als ſein volles Recht gegen ihn geltend zu machen. Aber einer Koalition von Königen, von denen faſt jeder von dem gefallenen Gegner getäuſcht oder gedemüthigt worden, mußte ein ſolcher Sieg über ihre natürlichen Empfindungen ſ{<wer fallen. Jeder Einzelne von ihnen hätte ſi, wenn die Entſcheidung von ihm allein abgehangen, vielleicht ſchonender gezeigt, gemeinſchaftli< handelnd waren ſie unerbittlich. Denn keiner von ihnen durfte fürchten, daß ihm Das, was in ihrer Beſtimmung über den großen Feind Hartes lag , perſönlich zugerechnet werden würde, und ebenſo konnte keiner bei größerer Milde auf beſonderen Dank zählen. Die Hochherzig=z teit iſt in allen Lagen nur eine Tugend Einzelner, ſelten der Menge, von welcher Stellung dieſe auh ſein mag, und hier war es eine Menge, wenn au< aus Kaiſern, Königen und Staatsmännern beſtehend, welche über Napoleon entſchied.

Hätte es Napoleon allein mit England zu thun gehabt, ſo würde ihm vielleicht der Aufenthalt daſelbſt unter gewiſſen Einſchränkungen zu= geſtanden worden ſein. Aber es iſt faſt mit Gewißheit anzunehmen , daß er die Nähe Frankreichs zu einem abermaligen Erſcheinen in demſelben und zu einem Angriffe auf die dort beſtehende Regierung benutzt haben

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