Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Fouché's Entlaſſung und ſpätere Verbannung. 359

geiſtreich und klar, konnte er wohl auf ſeines Gleichen, auf Diplomaten und Hofleute, wie er ſelbſt war, aber nicht auf eine große politiſhe Kbr= perſchaft wirken, deren Mitglieder, wie damals von Leidenſchaften erfüllt, durch die gegenſeitige Berührung noh mehr entflammt werden , und die zugleich dem Einfluß der öffentlihen Meinung ausgeſeßt ſind. Man konnte mit Beſtimmtheit darauf rechnen, daß ein Miniſterium, zu dem er gehörte, von den Kammern übel aufgenommen werden würde.

Bevor Talleyrand ſelbſt zum Rücktritt genöthigt werden ſollte, wollte man ſi ſeiner noh zur Entfernung Fouché's bedienen. Abge-= ſchen von der Abneigung der königlichen Familie gegen den Herzog von Otranto, die in demſelben Grade zunahm, als die Bedeutung dieſes Mi= niſters unter den veränderten Umſtänden ſi verminderte, konnte man mit einem ehemaligen Jakobiner und Richter Ludwig XVL. den Vertretern der Nation jeßt no< weniger als mit Talleyrand, einem Diener des Direftoriuums und Napoleon's, unter die Augen treten. Talleyrand, der Fouché, obwohl aus anderen Gründen als Ludwig XVIIT., ebenfalls abgeneigt war, gab ſih gern zum Werkzeuge ſeines Sturzes her. Er begann damit , ſeinen Kollegen in den Sißungen des Miniſteriums mit Kälte und Mißtrauen zu behandeln, den Berichten deſſelben über die Stimmung des Landes, die Fouché fortwährend als eine für den König gefährliche ſchilderte, zu widerſprechen, und ſpielte endlich in klaren Wor-= ten auf die Nothwendigkeit ſeines Rüftrittes an. Fouché, der dur ſeine Proſcriptionsliſten mit den Bonapartiſten und Republikanern unwiderruflich gebrochen, und ſi jezt au<h vom Hofe und ſeinen Kollegen verlaſſen ſah, war endlih gezwungen, ſeine Entlaſſung einzureichen , die von Ludwig XVIII. mit kaum verhehlter Freude angenommen wurde. Da der Herzog von Otranto jedoch im Anfange der zweiten Reſtauration wirkli bedeutende Dienſte geleiſtet, ſo wollte man ihn nur entfernen, aber nicht vernichten. Bei der Stimmung des Landes und der Kammern war voraus8zuſehen , daß ihm bald noh größere Entſagungen, als blos die auf einen Miniſterpoſten, auferlegt werden würden. Man dachte dies aber anderen Händen zu überlaſſen. Fouché, der um jeden Preis no< eine Nolle ſpielen wollte, nahm die politiſ<h unbedeutende, aber dur die Verwandtſchaft des franzöſiſchen und ſächſiſchen Königshauſes ſcheinbar hervorragende Geſandtenſtelle in Dresden an. Ex war aber in jenem Augenbli> in Frankreich bei allen Parteien ſo verhaßt, daß er es für nöthig hielt, ſi verkleidet und unter einem fremden Namen bis an die franzöſiſche Gränze zu begeben. Kaum aber befand er ſich ſeit einigen Monaten an ſeinem neuen Beſtimmungsorte, als er ſeine Entlaſſung er=