Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

DGT

dem einen, bald von dem andern Meiſter beſchäftigt wurden ; ferner 800 Arbeiter-Meiſtex mit Wirkſtühlen zu Hauſe, die entweder für eigne oder für Rechnung eines Händlers arbeiteten; endli<h 90 Händler, welche den meiſten Arbeitern Lohn zahlten und ſih mit dem Stoffhandel abgaben. : Nachdem das unheilvolle Dekret 1737 zurü>genommen worden war, exſchienen in den Jahren 1741— 4 mehrere neue Verordnungen, von denen die eine für die Arbeiter immer ungünſtiger war, als die andere. Die Löhne wurden von den Händlern dergeſtalt hinabgedrüt, daß die Arbeiter niht mehr beſtehen founten. Bei fleißiger ununterbrochener, guter Arbeit fontrahirte der Arbeiter-Meiſter dur<ſcnittlih im Jahre 250 Frauken Schulden. | i Deßhalb koaliſirten ſi<h im Auguſt 1744 die ſämmtlichen Satinund Taffet-Arbeitermeiſter nebſt ihren Geſellen und den gewöhnlichen Handarbeitern und ſie machten die erſte große Arbeitseinſtellung, die aus Frankreich bekannt iſt. *) Sie erhoben folgende Forderungen : j 1) Vermehrung des Lohnes um 1 Sou (5 Pfennige) die Elle ; 2) Gleichheit der verſchiedenen Junungsklaſſen bei Ernennung der Obmänner;

3) Abſchaffung der Abgabe von 300 Franken beim Meiſterwerden, und 4) die Freiheit für die Façon-Arbeiter und Atelier-Chefs, ent-

weder auf eigenes Riſiko oder im Solde Anderer zu arbeiten.

Judem die Färber, die Reff- und Laſtträger, die Strumpffabrikanten, Hutmacher und die meiſten Leute aus der Stuhlgewerkſchaſt ſih zu gleicher Zeit erhoben, befand ſich Lyou eine Woche lang in der Hand der Arbeiter. Dieſe begingen aber, wie J. B. Montfalcon in ſeiner „Geſchichte der Stadt Lyon“ (1859, 49) ausdrülih bezeugt, keinerlei Gewaltthätigkeit gegen Perſonen oder Eigenthum. Die Wirkſtühle ſtanden till, bis das Konſulat das Reglement von 1737 wiederherſtellte und ſomit den ſehr gere<hten Forderungen der Arbeiter willfahrte.

Sechs Monate darauf jedoch, den 25. Februar 1745, wurden laut Verordnung des königlichen Raths alle Zugeſtändniſſe wieder zurückgenommen und die Kapitaliſten wieder in ihre ſogenannten Rechte eingeſeßzt. Wahrſcheinlich waren die Miniſter von den Händlern mit Geld geſpi>t worden. Ein furchtbares Militär-Aufgebot diente zur Durchſezung dieſes Räuberſtreichs. Die Truppen wurden bei den Lyoner Hausbeſizern einquartiert und auf Koſten derſelben unterhalten. Einige Laſtträger und Seidenarbeiter wurden ermordet, andere zu den Galeeren veruxtheilt. Die diebiſche königlihe Regierung nahm die Gelegenheit wahr, um die 300 Franken Abgabe fürs Meiſterwerden, welche bisher die Händler geſhlu>t hatten, dem Staatsſchaßze zuzulegen. Hiermit wax der Bund zwiſchen dem Könige und den Kapitaliſten beſiegelt. Auf dieſe Weiſe wurde die Geſeßlichkeit zur Geltung gebracht und das Eigenthum geſichert.

*) Chaſſin, dem wix unſere Darſtellung entlehnen, weiſt darauf hin, wie ſehr Louis Blanc im Jrrthum iſt, wenn dieſer in ſeiner Geſchichte der franzöſiſchen Revolution meint, die erſte große Lohnfrage Frankreichs ſtamme aus dem Jahre 1789.