Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen

als Erweiterung des Augengeländes beschrieben. Der große Stirnmuskel zieht die Brauen aufwärts und hilft die Augen öffnen. Der Augenbrauenrunzler hingegen wirkt bei der Abdeckung der Lider mit und trägt seinen Teil zur Feineinstellung des Auges bei.

Trotzdem wäre es verfehlt, den Brauen und der Stirn nur eine untergeordnete Rolle im Dienste der Augenmimik zuzuweisen; vielmehr können beide sehr selbständig, ja sogar unabhängig voneinander agieren, d. h. sie können sowohl untereinander als auch zu den Augen entgegengesetzte Einstellungen annehmen,

Abgesehen davon sind Brauen und Stirn von der Stätte des eigentlichen Sehens doch schon etwas weiter entfernt; und so bringen sie auch das erweiterte Umfeld des Schauens in der Seele zum Ausdruck, also das innere Schauen, die Aufmerksamkeit, das Denken. Und wer weiß, wie oft nicht, wenn von der Denkerstirne die Rede war, die kleinen Anhaltspunkte der Längs- und Querspuren von Denkeinstellungen uns jene Bezeichnung eher in den Mund gelegt haben als der an sich passive, allerdings jeweils engere oder weitere Schauplatz dieses seelischen Ausdrucks.

In der Tat, die Sprache der Stirn sind die Quer- und Längsfalten, die der Augenbrauen die Hoch- und Tiefstellung. Da es aber dieselben Muskeln sind, die an beiden Partien ganz zusammenhängend jene Einstellungen hervorbringen, ist es gerechtfertigt, sie auch gemeinsam zu behandeln.

Brauen und Stirn haben besonderen physiognomischen Wert, d. h. ihre Ausdruckseinstellungen hinterlassen, weil es sich hier wirklich schon um Hautmuskeln handelt, besonders leicht dauernde Spuren in der Form von Falten und Furchen, die ja auch im Gesicht fast keines älteren Menschen fehlen. Freilich wird gerade wegen dieser verräterischen Eigenschaft uns dieses wichtige Kennzeichen, wo immer es nur möglich ist, einfach unterschlagen.

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