Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen

Beißstellung übergeht. Es kann nach der mehr oder weniger gehobenen oder seitlichen Stellung der Mundwinkel alle Grade von der vollen Zuwendung (Zwei junge Herzen XI, 3) über die Schelmerei (kleine Raucherin I, 1) bis zur Schadenfreude (Pastillenmann Fig. 12; Strotter XVI, 5) durchlaufen. In den Beißstellungen machen sich auch die Kaumuskeln bemerkbar, die Mundwinkelmimik berührt sich hier mit der Kaumimik (Tabelle 11).

Wie alle verstärkten Mundwinkelspannungen greifen auch Lächeln und Lachen in weitem Umkreis auf die Nachbarschaft über und zwar vorzugsweise auf die Wange nach oben, so daß eine Reihe von physiognomisch wichtigen Falten entsteht. Da ist zunächst die unendlich wichtige Nasenlippenfalte (Fig. 29), die von den Nasenflügeln in schiefem Bogen zu den Mundwinkeln zieht und bei allen Menschen wenigstens angedeutet auch in der Ruhestellung vorhanden ist. Sie wird beim Lächeln und noch einigen anderen Ausdrucksbewegungen (in der Peinstellung, beim Naserümpfen usw.) auseinandergezogen und vertieft; hieraus ist zu vermuten, daß sie überhaupt aus der Gewohnheit der Menschen zu lachen, das Gesicht schmerzlich zu verziehen usw. entstanden ist. Nicht von allen den angeführten Ausdrucksbewegungen wird die Nasenlippenfalte in gleicher Weise verändert: das Lächeln und Lachen vertieft sie mehr in ihrem unteren, die Peinstellung in ihrem oberen Teil. Man kann das nachprüfen, indem man vor dem Spiegel die entsprechenden Gesichter schneidet, wie denn überhaupt diese Methode des Grimassenschneidens sehr aufschlußreich ist. Beim verlegenen Lächeln Mosers (XIV, 3)sind beide Teile gleichmäßig vertieft. Auch physiognomisch kann man an der Gestalt der Nasenlippenfalte erkennen, ob ein Mensch sein Leben lang mehr vergnüglich gelacht (Blasel IX, 6) oder mehr Pein ausgestanden hat (Nietzsche IX, 3).

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