Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15., str. 442
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— Jlluſtrierte Geſhihte des Weltkrieges 1914/15.
Verpflegungszentrale ſtark befeſtigt. Der Fluß Wilija ſhühte den Plag von Weſten, Süden und Oſten. An das Gebiet des Wilijafluſſes, welhes n2< 40 Kilometer nordöſtlih der Stadt zwiſchen Höhen die Flanke Wilnas verſtärkt, \hließt ſih tas Seengebiet bei Swenzjany. Ein Teil dex Truppen der Armee Eichhorn griff nun die ſtarke Front
der Ruſſen aus dem Vormarſch Heraus an. Während der
ſih entwidelnden Kämpfe führte ein anderer Teil der Armee ſeine Umſfaſſungsbewegungen zu Ende. Jn mehreren Kolonnen wurde das Gelände zwiſhen Wilfkomir und Swenzjany, ſowie nördlih und ſüdlih davon dur<hquert. Nur wenig hörten wir von dieſem fühnen Umfaſſungsmanöôvex, bis es zur vollen Wirkung fam. - Zunächſt wurde an mehreren Punkten die Bahnlinie Wilna—Dünaburg erreit. ſ<nell über den Haufen geworfen. Dem Fexrnſtehenden ſchien es anfangs, als ſollte die Heeresbewegung mehr der Umklammerung Dünaburgs gelten als dex Umfaſſung der Wilnaſtellung. Dann überraſhten uns die Nachrichten aus dem Großen Hauptquartier mit einigen Hinweiſen, woraus wir entnehmen fonnten, daß die Spißen dex Kolonnen - Parallelſ<hwenkungen ausführten, die Jie gegen die Bahn Wilna—Minsfk führen mußten. Während die linke Flügel-
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folonne dex Armee Eichhorn ſtarke Märſche gurü>zulegen hatte und mit den Spigen auf den Raum von Molodezno ſtieß, hatte die mittlere Kolonne einen weniger weiten Weg, da ihr vermutli<h der Raum von Smoxgon als Ziel geſeßzt war. Noch weniger Marſchgelände hatten andere Umfaſſungstruppen zu durcheilen. Sie ſtießen gegen den Raum von Slobodfa, ebenfalls an der Bahn=ſtre Wilna—Minsk gelegen, 40 Kilometer | .¡döftlih von Wilna ſelbſt.
Die unmittelbare Folge dieſes genial angelegten Vormarſhes war die Trennung der ruſſiſhen Heeresteile bei Dünaburg von denen, die bei Wilna ſtanden und längs dex Bahn Wilna—Minsk gruppiert waren. Kühn war dieſe deutſhe Strategie, aber ſie konnte gewagt werden, weil unſere Nachrichten zuverläſſig waren, die uns ſagten, daß andere deutſche Heeresteile (Armee Below) imſtande ſein würden, den Raum von Dünaburg derartig zu um=fammerxrn, daß die Ruſſen niht in der Lage wären, aus ihm vorzuſtoßen. Während die Bewegung dex Umfaſſung ausgeführt wurde, ſind die Ruſſen natürlih niht in Un- fenntnis über die ihnen bei Wilna drohende Gefahr geblieben. Es ſchien abex, als wenn die Schwerfälligkeit der Bewegungen, die immer die ruſſiſ<en Heeresmaſſen ausge=zeichnet hat, ſie auh hier verhinderte, ſi<h rechtzeitig der Gefahr zu entziehen. So fam es zu heſtigen Kämpfen zwiſhen Wilna und Molodezno, wo ſih die Ruſſen na<
Die ſih entgegenſtemmenden Ruſſen wurden -
zwei Fronten hin zu wehren hatten. Einmal hatten ſie ſi gegen die Hauptſtoßkraft der Armee Eichhorn zu wenden, die in den Wilijabogen, gegen die Stadt Wilna ſelbſt, hinſtieß, und dann hatten ſie die Flankenſtöße abzuwchren, die ihnen den Rüßzug na<h Minsk abzuſchneiden ſuchten. Troß dex ſtrategiſh und taftiſ< ungünſtigen Lage haben ſi die Ruſſen mit dem Mut der Verzweiflung einen Weg gebahnt. Erſt als die Wirkung des Vormarſches der Armeen Scholß und Gallwiz fühlbar wurde, die gegen die Front Wilna—Slonim in Bewegung waren, ſahen ſih die Ruſſen genötigt, bei Wilna ſelbſt eiligſt zurüzugehen. Genau zu dieſer Zeit, am 18. September, erreichten die Hauptfräfte unſerer linken Flügelfolonnen die Punkte Molodezno, Smoxgon, Wornjany. Die erſten beiden Orte liegen an der Bahn Wilna—Minsk; der lettere zwiſchen dieſer Bahn und der Wilija, 50 Kilometer öſtlih von Wilna.
Einen legten Verſuh machten die Ruſſen no, mit eiligſt SS
zuſammengeraſften ſtarken Kräften in Richtung auf Michalisfi durhzubrehen. Dieſer Verſu<h mißlang, und nun fonnte der Gegner auf der ganzen Linie verfolgt werden.
Dex unmittelbare Erfolg unſeres Sieges bei Wilna und ſüdöſtlih davon lag in der Beſiznahme der wihtigen Bahn Wilna—Minsk. Wir konnten ſie künftig als Ver=
ſ<hüße und 298 Maſchinengewehre.
unſerer Front und dem. rüd>wärts gelegenen Kowno benutzen. Die
wegungsfreiheit nördlih des breiten Sumpſge= bietes des Pripjet wieder=um eingeſchränkt. Zwar iſt nah der SHhlaht von _Wilna dex Anfang des langdauernden Stel= lungsfrieges zwiſchen Dünaburg—SmorgonPinsf zu verzeihnen. _Das exſriſhende Vor= dringen auf Minsf kam zum Stehen. 70 Kilo=metex vox dem Ziel muß= ten wix uns lange Zeit gegen die überlegene und angreifende ruſſiſ<he Zahl wehren. Aber wir zeigten dem Feinde, daß ein Durchbru<h für ihn un=mögli<h geworden war, und daß er die Belage=- rung von Dünabuxrg dUur<h “ſeine Angriffe längs der Bahn Minsï—Wilna niht mehx zu ſtören ver= mochte. Für den Monat September gab die Oberſte Heeresl[eitung uns die Anzahl dex Gefangenen und den Umfang der Beute an, die im Oſten vux< uns gemacht wurden. Es waren 421 Offiziere, 95 464 Mann, 37 Ge=Ein ſtattliher Teil iſt als Ergebnis dex Shlacht von Wilna zu buchen, die ein Ruhmesblatt in den harten Kämpfen bleiben wird, die die Armee Eichhorn unter ihrem tüchtigen Führer zu über= ſtehen hatte. 7 -
Abweiſung eines italieniſchen Angriſſs dur< öſterreichiſch-ungariſche Landesſchüßen an der Tiroler Grenze. -
‘(Hierzu die Bilder Seite 876 und 877.)
„Sie ſollen ſie niht haben, des Brenners Scheidewand, ſie ſollen ſih erſt graben ihr Grab in unſerm Land,“ ſo ſangen die Tiroler Landesſhüßen, als ſie im Juni hinaus in die Berge zogen, um wie einſt in den Tagen des Sandwirts Andreas Hofer das heilige Land Tirol vor dem Einfall der Welſchen zu ſhüßen. Und ſie haben Wort gehalten wie ihre Brüder an dex Jſonzofront, denn an keiner Stelle konnte der Feind auf öſterreihiſhem Gebiet feſten Fuß ſaſſen oder ſih in den Beſiß wihtiger Berghöhen und Paßſtraßen ſeen. Vergebens ſuchten ſih die Italiener in zweimaligem verzweifelten Anſturm auf der Hochebene von Lafraun-
N: : Phototek, Berlin. Erſtürmte ruſſiſche (Feldſtellung bei Wilna, wie ſie von den Ruſſen verlaſſen wurde. Die photographie Aufnahme erfolgte ſoglei<h nah der Eroberung.
Hbindungsweg zwiſhen
Ruſſen ſahen ihre VB=