Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten, str. 202

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Depeſ ſhe an ſämmtlihe europäiſche Souveraine ein „Appell an die Mächte“, der hauptſählich an Rußland, Oeſterreih-Ungarn und Deutſchland gerichtet war. Der Fnhalt dieſes neuen Schmerzens\chreies lautete :

„Die von Seiner Majeſtät dem Sultan beſtätigten und uns durch die öſterreichiſh-ungariſchen Behörden bekannt gemachten Reformen geben uns feine Garantie für eine glü>lihere Zukunft unter der barbariſhen Verwaltung des Türkenreiches, deswegen können und wollen wir nimmermehr unter türkiſhe Herrſchaft zurü>kehren. Die Türken haben, wie immer, #o auh jet wieder bewieſen, was ihr gegebenes Wort wirkt. Nach Verkündigung der Reformen ſind gerade unzählige Gräuelthaten verübt worden an ruhigen Chriſten, Gräuelthaten, die wir niht alle aufzählen können — Lebendige wurden gepſählt, abgeſhlagene <riſtlihe Köpfe wurden in den Städten in <riſtlihe Häuſer herumgetragen, Weiber und Mädchen weggeführt, geſhändet und bis heute niht zurü>gelaſſen ſicher das beſte Bild der türkiſhen tyranniſchen Handlungen. Zu Hunderten fliehen no< immer die Chriſten über die Save, Unna und Drina, mit na>ter Haut, Alles zurü>laſſend, was ſie beſeſſen; deswegen können wir in dieſen Reformen feine Garantie erbli>en. Alle Verſprehungen türfiſcherſeits find für uns werthlos. Die einzige und wirkliche Garantie ſehen wir in Nationa lRegierung und Selbſtverwaltung — und für dieſe werden wir bis zum legten Mann kämpfen. Darum bitten wir alle europäiſchen <hriſtlihen Mächte im Namen Gottes und des Chriſtenthums, daß ſie niht eine Preſſion auf uns ausüben, um uns unter das Sklavenjoch zurü>zutreiben, damit wir von der wilden barbariſchen Horde abgeſchlachtet werden.

Wir, die jezt in Oeſterreih-Ungarn leben, werden mit allen Mitteln zur Rü>kehr gezwungen unter das ſ{händlihe Joh — die Gewehre, welche wir herübergebra<ht, wurden uns weggenommen — auh diejenigen Waffen, welche wir neuerdings für unſere unterdrü>ten Brüder anſchafften ; auh erlaubt man uns keine Zuſammenkunft, um uns über unſer weiteres Schickſal zu beſprehen, um unſer Hab und Gut zu retten aus den Händen der Osmanen. Selbſt jene Leute, welhe mit leeren Händen hinübergehen wollten, das Blut ihrer Brüder zu rächen, wurden verjagt und verhaftet, angeſehene Flüchtlinge wurden unter polizeiliche Aufſicht geſtellt, daß ſie ihre Geſchäfte niht verſehen fönnen; mit einem Worte, es wird ſol<h ein Dru geübt, daß man uns förmlich aus dem Lande herausdrü>en will.

Wir appelliren daher an alle <hriſtlihen Mächte Europas, welche das Recht und die Freiheit beſ<hüßzen — beſonders appelliren wir an Jhre Majeſtäten die Kaiſer von Oeſterreih, Ruß-

land und Deutſchland, die unſer ferneres Schikſal unſerer Sklaverei in ihre Hände genommen haben, daß wir durch die Gewalt niht gezwungen werden, abermals in türkiſhe Sklaverei zu gehen. Wir bitten die riſtlihen Souveraine im Namen Gottes und der Menſchheit, daß ſie uns nicht zurü>treiben und daß man uns Ee hier in Beſchlag genommenen Gewehre zurü>giebt. Wir beſhwören dieſe Souveraine, wenn ſie uns nicht helfen wollen, daß ſie uns wenigſtens nicht verfolgen zum Nuten des Feindes der geſammten Chriſtenheit — denn wir ſind feſt entſchloſſen, an unſeren Feinden das vergoſſene Blut zu rächen. Die Menſchenliebe und die heilige Pflicht werden hoffentli<h niht den türkiſhen Harem unterſtüßen und dieſe verzweifelten Provinzen abermals der Verzweiflung preisgeben. :

Die chriſtlichen Souveraine Europas ſind vor Gott und der Menſchheit verantwortlih für unſer Schickſal und für die fünfhundertjährige Sklaverei der Chriſten von Bosnien und der Herzegowina. Wir rufen die Gerechtigkeit aller europäiſchen Mächte an, wenn ſie nur einen Funken von Herz und Gewiſſen für die Unglü>lichen haben.

Fm Namen des bosniſchen FlüchtlingsComités : Vaſo Vidovit \<. Spaſoja Bab it. Fovo Bilbia. Simon Stefanowitſ<. Savo Milit\<. Bozo Luhojewitſ\<. Stefan Mikoltit\<. Lazar Mitrakowit ſ\{<. Stefſo Rowitſh. Gyuro Lenditſh. Marko Smitra.“

Der bosniſche Aufſtand nahm immer größere Ausdehnung an; faſt tägli<h fanden neue Kämpfe ſtatt, welche die gegenſeitige Erbitterung bekundeten. Es wurde von beiden Seiten in hartnä>igſter Weiſe und mit abwehſelndem Erfolge geſtritten. Trot der blutigſten Kämpfe traten aber die Controls-Commiſſionen in Thätigkeit. Fn Serajewo beſchied der Pforten-Commiſſär Haidar Effendi die vornehmſten und reichſten Türken zu ſi< und ſpra<h von ihnen Geldvor\hüſſe an, um ſeine Friedens-Commiſſion ungehindert dur<führen zu fönnen ; aber die vorgeladenen Türken betheuerten, daß ſie augenbli>li< über gar feine Geldmittel zu verfügen hätten, mit welhen Betheuerungen Haidar Effendi ſih zufrieden ſtellen mußte und ſelbſt uuter den Geldcalamitäten litt.

Während der blutigen Vorgänge in Bosnieu verſammelten ſich in den erſten Tagen des Monats April in der Herzegowina die Wojwoden der Gebiete von Zubci, Banjani, Budnine, Gakßko, Neveſinje, Suma und Piwa, und zwar Trifko Vukalowitſ<, Simo Bacewitſch, Bajo Gjurißitſ<h, Bogdan Zimonitſ<h, Pope Radowitſh, Melentje Petrowitſch und im lezten Augenbli> auh Lazar Sot¡chißa

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