Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten, str. 263
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viele Jahrzehnte hindur<h die Stadt Draina in Macedonien als Dere-Bei (Gaugrafen) regiert hatten, Sohn Haidar Paſchas, der auch einmal Botſchafter in Wien war, wurde er in Kairo erzogen, dann mit dem jebßigen Khedive Fsmael Paſcha zuſammen in Paris ausgebildet. Jm «Fahre 1851 trat er aus dem egyptiſchen in den türkiſchen Staatsdienſt über, wo ex anfänglih als Ueberſeßer des Divans verwendet wurde. Vom Jahre 1852 an war ex Gouverneur mehrerer Provinzen und zuleßt Vertreter der Pforte in der europäiſhen Donau-Commiſſion; 1872 trat er zum erſtenmale in das Miniſterium, und zwar zunächſt als Miniſter der öffentlichen Arbeiten, dann als Miniſter des Aeußeren. Nuhigen und ſanftenGemüthes, wie er war, beſtrebte er ſi< immer, die Zwecke ſeiner Miſſion am öſterreichiſchen Hofe durch Nahgiebigkeit und Zuvorkommenheit zu erreichen und die Freundlichkeit, die auf ſeinem Geſihte ruhte, wenn er ſi< Graf Andraſſy gegenüber befand, verließ ihn auch uicht, wenn ein Untergeordneter mit ihm ſprach. Zum ewigen Dank verpflichtet gegen ſeinen Gebieter, der ihn groß, rei und angeſehen gemacht hatte, nahm er keinen thätigen Antheil an deſſen Sturz, ſondern blieb dabei nur ein unthätiger Beobachter. Er erkannte nämlich, daß der Sturz des Abdul Aziz eine Nothwendigkeit für das Türkiſche Reich geworden ſei, und da er weder den Undankbaren noch den Verräther ſpielen wollte, ſo half er nicht mit, hinderte es aber au< nit, als man daran ging, dem Türkiſchen Reiche ein neues Oberhaupt zu geben. Ueberleben Huſſein Avni Paſcha ſeine militäriſhen Schöpfungen und die Organiſation, die ex der türkiſhen Armee gab, ſo überleben Raſchid Paſcha wieder ſeine geiſtigen Schöpfungen und Leiſtungen, die ex der Welt als ein koſtbares Vermächtniß zurüließ. Von großem Fntereſſe und als Kennzeihnung
Teſa Uicolics,
ſerbiſcher Kriegsminiſter.
der türfiſhen Miniſterwirthſchaft iſ ferner der Lebenslauf des geſtürzten früheren Großveziers Mahmud Nedim Paſcha zu betraten.
Derſelbe, geboren um das Jahr 1810, war der Sohn eines ehemaligen Statthalters von Bagdad, Nedſchib Paſcha. Die Familie foll aus dem ruſſiſchen Georgien abſtammen und der Vater oder Großvater vom Chriſtenthum zum Fslam übergetreten ſein. Ueber die früheren Verhältniſſe Mahmud Paſchas weiß man ſehr wenig; der verſtorbene Großvezier Raſchid Paſcha machte ihn zum Unter-Staatsſecretär in irgend einer Verwaltungs - Abtheilung, aber da Mahmud außer Türkiſch keine andere Sprache
: verſtand, auh
ſonſt keine hervorragenden Eigenſchaften zeigte, ſo hatte man auh keinen Aulaß, ſi beſonders um ihn zu befkümmern. Auch als Statthalter vou Tripolis in Afrika betrat ex die breitgetretene Straße aller ProvinzialStatthalter. Von dort abberufen, wurde ex im März 1868 zum Marine-Miniſter ernannt, welchen Poſten er bis zum Tode des Groß-
veziers Ali Paſca, alſo bis zum September 1871, bekleidete. Jn dieſer Stellung fand ex Gelegenheit, ſi< die Gunſt des Sultans Abdul Aziz zu erwerben, indem er deſſen Borliebe für die Herſtellung einer koloſſalen Panzerflotte allen Vorſchub leiſtete und zugleih bei dem Abſchluſſe der Contracte über den Bau und die Ablieferung derſelben nicht nur ſeine eigenen Privat-Futereſſen, ſondern auh die Privatſchatulle ſeines kaiſerlihen Herru bedachte. Es war bekannt, daß er deſſen Jdeen in jeder Beziehung theilte, ſo daß man ihn ſ{<on bei Ali Paſchas Lebzeiten, als derſelbe noh auf dem Krankenlager war, als deſſen künftigen Nachfolger bezeichnete.
Als nun Ali Paſcha am 6. September 1871 ſtarb, erhielt Mahmud Nedim Paſcha das Staatsſiegel. Dabei lag etwas wie eine ſ{hwüle