Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten, str. 271

Unification (Vereinbarung) der Staatsſchuld und der Conceſſionirung der Pachtgeſellſhaft für die Staatseinnahmen 1,700.000 Lires zuerkannte. Pälmer erklärte nun, er habe nie einen derartigen Bon unterzeichnet, die Conſtautinopeler Bank that das. Gleiche — und doch beſtand dieſer Bon und trug. die Unterſchrift des dortigen Banfiers Georg Zarifi, deſſen Name mit vorerwähnter Bank identiſ< iſt und der allein ſo viel Credit beſibt, um Garantie ſür die Zahlung des Bons zu gewähren.

Jm Palaſte hatte man ebenfalls Schäbe gefunden, die aus hundert vergrabenen Kiſten be-

ſtanden — leeren Fnhaltes; von wem aber der Jnhalt entleert worden, blieb immer ſehr dunkel ; denn der Goldhunger wüthete in entſetzliher Weiſe, beherrſchte alle Schichten der verſhuldeten Sultansfamilie, des Hofes, der Regierungs8männer und des Volkes — denn bekanntlih ſtillen weder Standeserhöhungen, no< Orden, mit denen der Sultan alle am Staatsſ\treiche Betheiligten überhäufte, den leeren Magen und ſomit herrſchte das Elend nah wie vor und Conſtantinopel ſtand no< immer vor einem Vulkan, der jeden Moment Feuer und Verderben ſpeien konnte.

Serbien und Montenegro beim Veginn des Krieges.

Während aller der vorerzählten Ereigniſſe war das ſerbiſche C abinet fortwährend in großer Thätigkeit, die ſich hauptſächli<h auf das militäriſche Gebiet erſtre>te. Unſtreitig war Riſtics der lebhafteſte Vertreter der Friedenspartei im Schooße des Miniſteriums; ex beabſichtigte unie, die ſogenannte ſerbiſhe Miſſion auf die Spitze. des Degens zu ſtellen, und ſ<meiqelte ſih, auf diplomatiſchem Wege ſeine Zwe>ke zu erreichen und durchſetzen zu fönnen. Er ging von der Annahme aus, die Pforte werde zur Ueberzeugung fommen, daß es in ihrem Futereſſe ſei, den Vaſallenſtaat an der mittleren Donau dur eine Stärkung befriedigt zu ſehen, und daß ſie früher oder ſpäter ſi< zu einer Uebereinkunft bezügli<h Bosniens ebenſo bereit finden laſſen werde, wie ſie es ſeinerzeit in Betreff der Feſtungen geweſen war, obſhon Fuad Paſcha im «Fahre 1862 erklärt hatte, die Pforte werde niemals auf dieſe Säulen der türkiſchen Stellung an der mittleren Donau verzihten. Dieſen Anſhauungen gemäß, ließ Riſtics in der letzten Zeit mehrmals das Terrain ſondiren, überzeugte ſich aber zu ſeiner größten Ueberraſchung, daß die Pforte auh neueſtens niht daran dächte, auf die Wünſche Serbiens einzugehen, welhe Wahrnehmung gewaltig auf ihn einwirfte.

Die Kriegspartei im Schooße des Cabinetes heutete nun dieſen Umſchwung der Auſchauungen

General Tſhernajeff.

bei-Niſtics nah Gebühr aus; es hatten Kriegsminiſter Nifkolics, Juſtizminiſter Gruics, Finanzminiſter Fo vanowitſ<, die Vertreter der Action, nun auch die Stimme des MiniſterPräſidenten, des alten Steftſha Michajlowitſ< für ſih gewonnen und in dem am 16. Funi abgehaltenen Miniſterrathe wurde beſhloſſen, die Kriegsrüſtungen \o raſ< als irgend mögli<h zu Ende zu führen. Der Kriegsminiſtér lieferte Daten, welche beweiſen follten, daß die ſerbiſhe Armee einem etwaigen Feldzuge vollfommen gewachſen ſei, während der Miniſter des Junern ſeiner, wie ex glaubte, durchaus begründeten Befürchtung Ausdru> gab, das Aufgeben des Kriegsprogrammes fönnte einen Bürgerkrieg hervorrufen, da „die Spannung der Gemüther eine gewaltige ſei, und dies ſi<h na< irgend einer Seite entladen müſſe“.

Die Kriegspartei des Miniſteriums hatte wieder das Oberwaſſer und au< Fürſt Milan hatte ſfi<h mit Sac und Pa in die Arme der Chauviniſten geworfen. Ein omladiniſtiſhes Blatt hatte ihm den niht mißzuverſtehenden Wink gegeben: „Sollten wir das Kunſtſtü> niht verrihten fönnen, das die türfiſhen Softas zu Stande gebra<ht 2?! Dem Fürſten wurde es daher etwas unheimli<h; er wußte am Beſten, ob er den Omladiſten, den „ſerbiſhen Softas“, widerſtehen könnte. Die Belgrader Softas hatten auf