Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten, str. 273

d. h. Altgläubige), Montenegriner, gleichzeitig zu den Waffen griffen, dann — hoffte man in Belgrad — würden die Ottomanen ſ{<werl1< im Stande ſein, ihr morſhes Gebäude vor dem Zuſammenſturze zu bewahren.

So ſcien denn Alles günſtig für das Drama, deſſen. erſter Act bald beginnen ſollte. Hinter dem Vorhange waren alle Rollen vertheilt, alle mitwirkenden Perſonen befanden ſi< auf ihren Poſten und der Vorhang fkonnte in die Höhe gehen, das Kriegstheater konnte beginnen. Es bedurfte nur eines Winkes zum wixrklihen Anfang und der Wink erfolgte — ‘von St. Petersburg.

Alle Beſchlüſſe, welche die ſerbiſhe Skupſchtina ſhon im. verflöſſenen Winter für den Krieg sfall gefaßt hatte, kamen nunmehr zur Ausführung. Der Anfang wurde mit der Reduction der Beamtengehalte gemaht und ſo herrſchte bald große Noth in der Beamtenwelt. Der zweite Beſchluß, daß während des Kriegszuſtandes alle Civilbeamte, ohne jegliche Ausnahme, in ‘das Heer eingereiht werden ſollten, gelangte ebenfalls zur Ausführung. Jn den Bureaux blieben höchſtens je zwei Beamte zux nothwendigen Fortführung der Geſchäfte zurü>.

Am 25. Juni rü>ten die leßten ReſerveBatterien, am 26. die Feldpoſt- und Feldtelegraphen-Abtheilungen nah Deligrad ab. Sämmtliche Veteranen, niht über zweiundfünfzig Jahre alt, waren zu den Fahnen einberufen worden. Die zweite Claſſe der Miliz hatte den Fahneneid geleiſtet; darauf wurden an die Bataillone ahtzig neue Fahnen vertheilt. Die Ceremonie war eine ergreifende, die Mannſchaft <wor mit Begeiſterung, vieltauſendſtimmig erſcholl der Ruf: „„Ostvaritschemo amanet otaca!“ (Wir werden das Teſtament der Väter vollſtre>en). Alle Studenten eilten ebenfalls zur Armee ; auch die im Auslande ſtudirenden Serben trafen zu dem Zwe>e ein, um gleichfalls zur Südarmee abzugehen. — Selbſt das Kriegs manifeſt des Fürſten Milan war bereits gedru>t und den ſämmtlihen Commandanten der verſchiedenen ſerbiſchen Corps verſiegelt zugeſtellt worden, wobei ſie zu gleicher Zeit dur< fürſtlihen Befehl angewieſen waren, das Siegel, ſobald ihnen die Ordre hierzu dur< den Telegraphen überbracht worden, zu erbre<hen und das Manifeſt zu publiciren. ]

Am 26. Funi wurde in Schabaß von dem ſerbiſchen Metropoliten die feierli<he Einſegnung der Waffen vorgenommen. Fn der betreffenden Anſprache ſagte derſelbe unter Anderem: „Der Kampf, den Fhr zu führen habt, gilt dem Vaterlande, ſowie der <hriſtli<hen Freiheit ; wir fönnen daher niht unterliegen“. Unmittelbar darauf traten ſämmtlihe Feld- und Gebirgs8batterien den Marſh nah Valjewo an, So war

denn die ſerbiſhe Kriegsbereitſchaft eine vollendete Thatſache; do< wurde ſeitens der Diplomatie ein leßter, allerdings kaum irgend welche Ausficht bietender Verſuch gemacht, zwiſchen Conſtantinopel und“ Belgrad eine Verſtändigung herbeizuführen; der Losbruch der fkriegeriſhen Action hatte dadur< jedenfalls no< eine Verzögerung von etlichen Tagen erfahren.

«Fndeſſen war am 27. Juni der ſtrategiſche Aufmarſ< vollendet. General Zach hatte eine ſehr ſ{hwierige Miſſion erhalten. Er commandirte die Tſhatſchker Diviſion, welhe aus den drei Brigaden von Rudnit, Tſchatſhk und Uſchi beſtand und welche die „Weſt-Morawa-Armee“ genannt wurde. Mit ihr ſollte Zach die Engpäſſe na< Alt-Serbien forciren, um ſi< bei Prisrend mit einem montenegriniſ<en Corps zu vereinigen. Seine Avantgarde | bildete ein Freicorps unter dem Archimandriten Dutſchit ſh. Dieſes Armeecorps, deſſen Plänkler der bekannte Pope Zarko anführte, beſtand aus 22.000 Mann mit guter und zahlreiher FJufanterie; au<h war das Corps reihli< mit Peksimit (Zwieba>) undConserves(Eingemachtemin Büchſen) ausgeſtattet. Dur<h fortwährende Bildung von Freicorps wurde ferner für die ausgedehntere JZuſurgirung Bosniens vorgeſorgt. Aus dem Uſchiber Kreiſe wurden tägli<h Waffen na<h AltSerbien geſchi>t. Die Klöſter um Prisrend und Nova-Varos waren die Waffen-Niederlagen für den vollſtändig organiſirten Aufſtänd.

Eine ſtärkere Armee ſtand an der Drina unter Ranko Alimpics; dieſelbe beſtand aus zwei Diviſionen zu drei Brigaden; der effective Stand derſelben betrug ohne Reſerve und ohne Freiwillige etwa 20.000 Maun und zählte dieſes Corps mit den Freiſchaaren zuſammen mindeſtens 30.000 Streiter. Alles war für den DrinaUebergang vorbereitet; es befanden ſi< dort fünfzig Pontons (Brü>kenkähne). Aber auh die Türken ſammelten ſi< dort in großer Anzahl. Groß- und Klein-Zwornik, wie Sokar hatten ſehr ſtarke Garniſonen erhalten; in Klein-Zwornik ſtanden 3000 Mann Redifs, in Groß-Zwornik gar 11.000. Bei Viſchegrad wurde größtentheils aus Baſchi-Bozuks ein Armeecorps gebildet. Die Türken hatten ihre Avantgarde bis zur RadaljaAda vorgeſchoben ; ſie ſchienen ſi< ihrerſeits für eine Offenſive vorzubereiten.

Judeſſen der Schwerpunkt der künftigen Operationen lag im Morawa-Thale, bei der Südarmee. Alexina bh war das Hauptquartier der Südarmee und da commandirte General Tſ\chernajef f. Dieſe Armee beſtand aus den beſten \erbiſhen Truppen, und zwar: dem kleinen ſtehenden Heer und der erſten Claſſe der Miliz. Der Generalſtab verfügte über tüchtige Kräfte. Die Stärke dieſer Armee belief ſih auf 45 his 50,000 Mann,