Jakob Böhme's sammtliche Werke : in seiben Bänden

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gar im dir zerbrechen und fie dir würde zu einem ganz göttlihen Grunde Die Liebe haffet die Ichheit, darum, dag die Schheit ein tödtlih Ding ift, und mögen’ nicht wohl beifammen ftehen; denn die Liebe befißet den Himmel und wohnet in fih felber, aber die Schheit befißet fi) felber. Gleichwie der Himmel die Welt bes herrfchet und die Emigkeit die Zeit; alfo au berrfchet Die Liebe über das natürliche Xeben.

25. Der Jünger fprad: Lieber Meifter, fage mir do, warum muß Liebe und Leid, Freund und Feind beifammenftehen:; wäre es nicht beffer eitel Liebe?

Der Meifter prad: Wenn die Liebe nicht in Leid flände, fo hätte fie nidyte, das fie lichen könnte, weil aber ihr Wefen, das fie liebet, als die arme Seele, in Leid und Bein fichet, fo bat fie Urfache, ihr eigen Wefen zu lieben, und das von Bein zu erretten, auf daR fie wieder gefiebet werde. Auch möchte nicht gern erfannt werden, was Xicbe wäre, fo fe nicht hätte, dag fie lieben mödhte.

26. Der Zünger fprah: Was ift die Liebe in ihrer Kraft und Tugend, und in ihrer Höhe und Größe?

Der Meifter fprah: Ihre Tugend ift das Nichts und ihre Kraft ift durh Allee. Ihre Höhe ift fo ho ale Gott, und ihre Größe ift größer als Gott: wer fie findet, der findet Nichts und Alles.

27. Der Jünger fprah: D lieber Meifter, fage mir do, mie ih das verftehen mag?

Der Meifter fprah: Das ih fprah, ihre Tugend fei das Aiste, dag verfteheft du, wenn du von aller Kreatur ausgeheft, und aller Ratur und Kreatur ein Nichts wirft: jo bift du in dem ewigen Ein, das ift Gott felber, jo empfindeft du der Liebe hachfte Tugend.

Das id aber fagte, ihre Kraft ift dur) Alles, das empfins deft du in deiner Seele und Leibe; fo diefe große Tiebe in dir an» gezündet wird, fo brennet fie als fein Yeuer vermag.

Yu fiehet du das an allen Werfen Gottes, mie fi bie Liebe in Alles ausgegoffen hat und in allen Dingen der inmerfte und äußerfte Grund ift: inmendig na der Kraft und äußerlich nad der Geftalt.