Jakob Böhme's sammtliche Werke : in seiben Bänden

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34. Der Jünger fprad. 2ieber Meifter, ich kann nicht mehr eriragen, dag mich irtet: wie mag ich den nähckten Weg zu ihr finden ?

Der Meifter fprah: Mo der Weg am bärteften ift, da gebe hin, und was die Welt megmirft, deg nimm dich an, und was fie thut, das thue du nit. Wandle der Welt in allen Dingen zuiiber: fo fömmft du den nächften Weg zu ihr.

„35. Der Jünger fprah: fs, da ich allen Dingen zuwider wandle: fo muß ich ja in eitel Roth und Unrube ftehen;; aud würde ih als thöricht erkannt werden.

Der Meifter fprah: Sch heiße dich nicht Semandem Keides thun. Allein die Welt Tiebet nur Trug und Eitelkeit und wandelt auf falihem Wege. Und fo du in allen Dingen ihrem Wege ein Gegenfpiel fein willft: fo mwandfe allein auf rehtem Wege; denn der rehte Weg ift allen ihren Wegen zumider.

Da du aber fageft, du mürdeft im eitel Angft fteben, das gefhiehet nad) dem Fleifh, das giebt dir Urfache zu fteter Buße, und in folder Angft ift die Liebe am allerliebften mit ihrem Feuer aufblafen.

Dak du aber fageft, du mürdeft für thöricht erfannt werden, das ift wahr; denn der Weg zur Liebe Gottes ift der Welt eine Thorheit und aber den Kindern Gottes eine Weisheit. Mann die Welt fold Liebefeuer in Gottes Kindern fiehet, fo jaget fie: fie find thöriht worden. Aber den Kindern Gottes ift es der größte Schaß, den nie fein Leben ausfprehen fann, aud) nie fein Mund nennen mag, rwas da fer das (Feuer der inflammenden Kiebe Gottes, welches weißer ift denn die Sonne, und füher denn fein Ding, und fräftiger denn feine Speife und Trank, au) lieblicher denn alle Freude diefer Welt. Wer vdiefes erlanget, ift reicher denn fein König auf Erden, und edler als kein Kaifer fein mag, und flär: fer denn alle Macht.

36. Der Jünger fragte ferner den Meifter: Mo fähret die Seele denn bin, wann der Leib ftirbet, fie fei felig oder verdammt? Der Meifter fprah: Sie darf feines Ausfahrens. fondern das äußerliche, tödtlihe Xeben jamt dem Keibe fcheiden fih nur von ihr. Sie hat Himmel und Hölle zuvor in ih, wie gefhhrieben ftehbet: Das Neich Gottes fommt nicht mit Außerlihen Gebärden,