Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

— 129 —

1. Juni. Die Jngenheim iſt heute mit dem König na<h Charlottenbuxg übergeſiedelt. 21. December.

Die Fngenheim bat mi< ſehr, in der nahen Stunde ihr beizuſtehen; auh der König bat mich den folgenden Tag darum, und ih brachte es MO über's Herz, nein zu ſagen.

2. Januar 1789.

Julie bekam heute einen Sohn; der König. war da und freute ſich ſehr.

4. Januar.

Das Kind wurde getauft; der König hielt es ſelbſt über die Taufe, es heißt Guſtav Adolph Wilhelm. Julie's Bruder, der Miniſter Biſchofswerder und ih waren die Pathen. Dex König ſelbſt war faſt den ganzen Tag bei dex Kranken.

Es iſt wahr, ex iſ wixklich der beſte Prinz, den man auf der ganzen Welt finden kann; leider nux, daß ex ſo willens\<hwach, ſo ohne Energie und zuweilen ſo heftig iſt.

* * *

Im Anfang ging alles gut mit der jungen Wöchnerin ; aber das Unglü>k wollte, daß ſi<h der König dur einen Fehltritt den Fuß verlehte. Ex konnte ſein Zimmer in Folge deſſen niht verlaſſen, die Gräfin Jngenheim niht ſehen, und wax ſehx unglü>li<h über dieſe Trennung; Jene, die ihn über Alles liebte und ihrer ſelbſt niht achtete, hörte niht auf die Ermahnungen ihrer Pflegerin und das Verbot der Aerzte, und verließ täglich ihr Zimmex, um den König zu beſuchen, zu einer Zeit, wo ſie noh kaum ihr Bett

hätte verlaſſen n. Die Strenge der Jahre8zeit, über= Am Preußiſ<hen Hofe. 2. Aufl.