Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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der ungetrübte Himmel ihres jungen Glückes ein ſo ſelten

{öner und heiterer geweſen, daß der erſte Schmerz, der ſie in dem Vexrluſt des Prinzen Louis ereilte, ſie doppelt überraſchend und erſchütternd traf. Der Kronprinz liebte dieſen Bruder ſchr, der ihm im Alter ſo nahe ſtand. Wie ſchnell und unerwartet ſein Tod über Alle hereinbrah, zeigt am Beſten ein Blatt aus den täglichen Notizen der Oberſthof= meiſterin.

* * 18. December 1796. Sonntag. Niemand ging zur Kirche wegen der argen Kälte. Abends Coux bei der regierenden Königin in Volants. Graf Nariſchkin wurde vorgeſtellt, der geſandt iſt, die Thronbeſteigung des Kaiſers Paul I. zu notifiziren. 19. December. Unter uns, nur die Prinzeſſin Louis, die Brühl und die Brandis zu Tiſche. Es wurde Theater bei der Lichtenau geſpielt, ſie hatte Billets für uns Alle geſchi>t; unſere Hofz damen und Cavaliere gingen hin, abex ih niht. Sie gab ſih große Airs bei dieſem Feſt, wie man uns hernach erzählte; der König wax auh dort. Gott weiß, wie mich dies Alles für ihn bekümmert und betrübt! — Wir nahmen den Thee und das Souper beim Prinzen Louis ein, weil die Prinzeſſin Taxis morgen abreiſt. 20. December. Unſexe Herrſchaften begleiteten die Prinzeſſin Taxis bis Potsdam; ſie fuhren früh 7 Uhr fort und kamen gegen 92 Uhr Mittags zurü>. Den Abend unter uns, wo es im-= mer am Hübſcheſten iſt.